Mittwoch, 4. April 2018

[KINO] Ready Player One (2018)

http://www.imdb.com/title/tt1677720/

Im Jahr 2045 spielt sich das Leben vieler Menschen auf der heruntergekommenen Erde zum größten Teil nur noch in der OASIS ab. Das ist eine vom ebenso genialen wie exzentrischen Programmierer und Web-Designer James Halliday (Mark Rylance) erfundene virtuelle Welt, die mehr als die düstere Realität zu bieten hat. Die meiste Zeit seines jungen Lebens verbringt auch der 18-jährige Wade Watts (Tye Sheridan) damit, mit seinem Avatar Parzival in diese Welt einzutauchen und zu versuchen, die Aufgaben zu lösen, die Halliday vor seinem Tod in der OASIS hinterlassen hat. Demjenigen, der als erster alle Herausforderungen meistert, winkt nämlich unermesslicher Reichtum und die Kontrolle über die OASIS. Bislang sind Wade und seine Freunde, darunter Ar3emis (Olivia Cooke) und Aech (Lena Waithe), zwar stets schon an der ersten Aufgabe gescheitert, doch sie geben nicht auf - ebenso wenig wie der skrupellose Konzernchef Nolan Sorrento (Ben Mendelsohn), der sich OASIS unbedingt unter den Nagel reißen will...

Als der erste Trailer zu "Ready Player One" veröffentlicht wurde, brach ein kleiner Hype aus, denn bereits hier war klar, dass "Ready Player One" zu einem der Filme des Jahres 2018 werden würde. Wieso man das am Trailer bereits festmachen konnte? Die Story war es nicht, denn die ist so alt wie das Medium Film selbst. Es waren die zahllosen Filmreferenzen, die vermutlich jedes Filmfanherz höher schlagen ließen, es war die überwältigende Optik und der grandiose Soundtrack aus den achtziger und neunziger Jahren, welche dann letztlich auch andere Kinder dieser Zeit sofort begeistern konnte. Sofort bekam man das Gefühl, hier wieder in einem phantastischen Spielbergfilm zu sitzen, weit weg von seinen Dramen und Biographien und zurück zu seinen Wurzeln, zu dem was Spielberg nun mal am besten kann: opulente, bestens ausgestattete und optisch umwerfende Unterhaltungsfilme.


"Ready Player One" basiert auf dem gleichnamigen Buch von Ernest Cline aus dem Jahr 2010. Der Debüt-Roman wurde in Sachen Suchtpotenzial mit "Harry Potter" verglichen, er steckt voller Bezüge auf die frühe Games-Kultur und die Film-Welt der 70er und 80er. Und wer sollte daher für die Realisation für die Leinwand besser geeignet sein als Steven Spielberg? Selbst wenn Buchpuristen die vielschichtigen Veränderungen wohl wie üblich kaum akzeptieren können, so hat er doch in diesem Abenteuer den Zeitgeist der 80er Nostalgie wirklich liebevoll festgehalten. Zudem zeichnete sich Cline selbst mitverantwortlich für das Drehbuch - daher sollte man über Abweichungen großzügig hinwegsehen können. Darüber hinaus bringt Spielberg - wie zu erwarten war - seinen eigenen spektakulären Stil in die gesamte Optik des Films ein. Und allein das macht "Ready Player One" schon sehenswert.

Diejenigen, die eine detailtreue oder gar reine Anpassung an den Roman erwarten, sollten sich auf wesentliche Abweichungen vorbereiten; einige der Änderungen sind verständlich, während andere anfangs etwas enttäuschend sind. Die erste Herausforderung ist völlig anders: es gibt keine High-School, Oklahoma, Joust, WarGames oder Rush; und das Treffen, sowie die Zusammenarbeit der High Five ist komplett beschleunigt (und das sind nur einige der Änderungen). Natürlich konnten die Drehbuchautoren Zak Penn und Ernest Cline nicht alle Parzival-Trivialfilme aus den 80ern abbilden, bis auf die, die tatsächlich im Film liefen, spielen und theoretisch existieren - was auf Papier funktioniert, wird eben nicht immer auf den Bildschirm übertragen. Was auf dem Bildschirm zu sehen ist, ist dafür aber purer Spielberg: eine epische Suche, junge Leute, die sich zusammenschließen und eine Liebe für das Jahrzehnt, in dem er selbst (sowie andere Filmemacher wie Robert Zemeckis und James Cameron) als König der Popkultur herrschte.  


Die gesamte Geschichte konzentriert sich auf einen Wettbewerb, der von James Halliday, Schöpfer der OASIS, angekündigt wurde, der auf seinem Sterbebett einen Wettbewerb startete, um seinen Nachfolger zu finden. Versteckt irgendwo in der virtuellen Welt sind drei Schlüssel - der erste, der sie alle findet, wird sein Milliarden-Dollar-Vermögen und die Kontrolle über die OASIS erhalten. 

"Ready Player One" wird fünf Jahre später mit dem ersten noch zu beanspruchenden Schlüssel aufgenommen. Die meisten haben die Suche aufgegeben, aber Wade, seine Freunde und viele mehr sind immer noch auf der Jagd. Einige dieser "viel mehr" sind Nolan Sorrento, der ruchlose CEO des konkurrierenden Softwareunternehmens Innovative Online Industries (IOI), das eine riesige Gruppe von Spielern einsetzt, um die Schlüssel für ihn zu finden. Das wäre eine schlechte Sache. Sein ultimatives Ziel ist es, so viel Geld wie möglich daraus zu machen, sogar so weit zu gehen, dass Spieler, die sich verschulden, gezwungen werden, in (Online-)Arbeitslagern zu arbeiten, die als Loyalitätszentren bekannt sind. Es ist also ein risikofreudiger Wettbewerb und Spielberg wechselt die Action zwischen der realen und der virtuellen Welt mit schillernder Souveränität, fügt nahtlos die Gefahren in beiden Realitätszuständen zusammen und erhöht die Einsätze, wenn die Schlüssel gefunden werden und sich der Zuschauer langsam dem Showdown nähert.

Probleme hat "Ready Player One" natürlich auch. Gelegentlich lässt sich der Film selbst in seinem Erzählfluss ablenken, da ist ein Easter-egg hier, an anderer Stelle wird das Atari-2600 Spiel "Adventure" verwendet, usw.. Für viele ist es da schwierig, denn Warren Robinett (der Erfinder des o.g. Spiels) ist kaum ein bekannter Name. Das andere Problem ist Ben Mendelsohn, der seine Figur des Antagonisten Sorrento wenig von Orson Krennic von "Rogue One" oder John Daggett von "The Dark Knight Rises" unterscheidet. Aber fernab von dem ist es eine Freude, wenn Spielberg sich für die Art von Blockbuster-Filmemachen freispricht, die ihn berühmt gemacht haben, aber in seiner Filmografie immer seltener wird. Und zeigt, dass es niemanden gibt, der sich seiner Erzählweise auch nur ansatzweise das Wasser reichen kann.


Der Film selbst ist, wie Halliday's Jagd, also gefüllt mit Easter-Eggs für Filmfans, Computer-Nerds und für Nostalgiker. Es bedarf sicher mehrerer Sichtungen, um wirklich alle Details und Anspielungen zu erfassen, da einige recht flüchtig sind, während andere sich dem Zuschauer sofort offenbaren. Aber die Chancen stehen gut, dass, wenn das Publikum lacht und man selbst nicht, man eine der zahlreichen visuelle Hommagen an einen 80er Film, eine fiktive Figur, einen Cartoon oder ein Spiel verpasst hat. 

Nichtsdestoweniger ist der Film am beeindruckendsten, wenn die Handlung in der Computerwelt der OASIS stattfindet. Spielberg versetzt den Betrachter in eine Art virtuelle Realität, in die man sich leicht verirren könnte, besonders wenn das reale Leben so düster ist. Und das, wenn es eine Sache gibt, die einen sehr guten Film davon abhält, außergewöhnlich zu sein, ist auch das Problem. Die virtuellen Szenen blenden und inspirieren den Zuschauer regelrecht, während die reale Handlung zwar wichtig, aber viel weniger interessant ist. Eine Handlungssequenz zwischen ausgerüsteten Avataren innerhalb eines Spiels ist natürlich bunter und einfallsreicher als die düstere Realität von Verfolgungsjagden und dem altbekannten Motiv Gier und Macht. 


Aber die unverbracuhten Schauspieler passen allesamt in ihre Rollen und machen einen richtig guten Job mit ihren Charakteren, sowohl on- als auch offline, und das, obwohl zwei von ihnen weit weg von den Altersstufen ihrer Buchgenossen sind. Olivia Cooke spielt als Art3mis / Samantha  unglaublich leidenschaftlich, Mark Rylance (der mit der Zeit offensichtlich einer von Spielbergs häufigsten Mitarbeitern wurde) ist exzellent als der fast schon mythische und herrlich nerdige Anorak / Halliday und Ben Mendelsohn ist perfekt als IOI's gieriger und böser Manager Nolan Sorrento. Doch getragen wird das alles von Tye Sheridan, der als Held Parzival / Wade mitzureißen versteht und den Zuschauer völlig vereinnahmen kann.

Alan Silvestri steuerte den Soundtrack zu "Ready Player One" bei und zusammen mit den vielen 80er-Jahre-Stücken, die passend eingestreut in den Film zu wirken verstehen, erinnert dies alles an das Filmjahrzehnt - was auch zu erwarten war, wenn man bedenkt, dass seine früheren Partituren die "Back To The Future"-Trilogie beinhalten, auf die in diesem Film ebenfalls stark Bezug genommen wird. In Anbetracht der Herkulesaufgabe, Clines epischen Roman auf die Leinwand zu übertragen, hat Spielberg das Wunder und die Nostalgie bewahrt und letztlich wird dies die Zuschauer verzaubern.

Spielberg hat damit scheinbar das Unmögliche möglich gemacht: Ausbalancierte Sugar-Rush-Nostalgie mit einer mitreißenden Story zu einem reinen, unzynischen, filmischen Spiel, das den Zauber seiner frühen Filme wieder aufgreift. Und das unterhält über die gesamte Laufzeit und zaubert einem das ein ums andere Mal ein Lächeln ins Gesicht.

8,5/10

Von WARNER BROS. Home Entertainment kommt der Film auch als "Limited 2-Disc-Edition" mit 4K Ultra-HD Blu-ray und Blu-ray im Steelbook.


Quellen:
Inhaltsangabe: Warner Bros.

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