http://www.imdb.com/title/tt0780504/
Der Job von Driver (Ryan Gosling) ist eigentlich aufregend genug –
tagsüber verdient er sein Geld als Stuntfahrer in Hollywood und er ist
der Beste seines Fachs. Doch gilt dasselbe auch für seine nächtliche
Tätigkeit als Fluchtwagenfahrer. Sein Manager Shannon (Bryan Cranston)
vermittelt ihn dabei an reiche Auftraggeber, für die er nach einem
Bankraub die Beute sicher und schnell ans Ziel bringt, ohne dabei Fragen
zu stellen oder sich einzumischen. Dann lernt er seine Nachbarin, die
alleinerziehende Mutter Irene (Carey Mulligan) kennen und verliebt sich
in sie. Als deren Ehemann Standard (Oscar Isaac) aus dem Knast entlassen
wird und Driver einen Job vorschlägt, willigt dieser ein, ohne zu
ahnen, was das auslösen wird. Der Coup geht schief und Driver muss,
zusammen mit Irene, fortan um sein Leben kämpfen.
Wer mit "Drive" erwartet, einen 08/15-Actionfilm vergesetzt zu bekommen, der irrt. "Drive" ist ganz anders und so viel mehr. "Drive" ist ein sehr atmosphärischer und spannender Thriller um einen namenlosen, wortkargen
Stuntman, der sich in seine Nachbarin verliebt und ihrem vorbestraften
Ehemann hilft, seine Schulden bei skrupellosen Gangstern zu begleichen.
Klingt nach einer x-beliebigen filmischen Banalität, ist aber keine. In "Drive" ist der Weg ist das Ziel. Unterlegt mit einem coolen Soundtrack, gefilmt mit coolen Bildern und zum Leben erweckt von einem coolen Anithelden. Alles ist irgendwie cool in diesem brutalen Großstadtmärchen. Ryan Gosling spielt den 'Driver', der mit seinem 73er Chevy Chevelle nahezu emotionslos und aufgeklärt
in den Tag hineinlebt. Er gleicht eher einem seiner Autos
als einem Menschen: stilsicherer, aber kalter Stahl unter dem sich viele
Pferdestärken verstecken, und wenn das Gaspedal richtig durchgedrückt
wird, kommt ein echtes Monster zum Vorschein. Dabei wirkt der Driver
fast ein wenig kindlich, beinahe naiv, aber wenn sich sein Beschützerinstinkt
zeigt, ist er bereit zu unerwartet brutalen, ja fast bestialischen
Taten, um seine Geliebten zu beschützen.
Die Rolle des einsamen, wortkargen Fahrers passt zu Gosling wie die
Faust aufs Auge. Auch scheinbar annehmbare überhebliche
US-Film-Matscho-Coolness löst die einzigartige Atmosphäre dieser
Filmperle ab. Der grandiose, elektronisch-rockige Soundtrack, die zärtlichen Blicke der Verliebten, die
nächtlich Neon-leuchtenden Straßen von L.A. und Details wie die Jacke des Drivers, sein Zahnstocher und
diese ledernen Fahrerhandschuhe sind absolut kultig und beinahe schon berauschend. Bryan Cranston fasziniert als behinderter und nicht nur physisch verkrüppelter Manager.
Albert Brooks ist grandios und noch viel grandioser ist seine Messersammlung (und der letzte Close-Up darauf).
Christina Hendricks brilliert als die beste Gangsterbraut seit Faye Dunaway - in den zu engen Hosen, mit dem verrutschten Shirt und dem schlecht gemachten
Make-Up mit der nicht vollständigen Haarfärbung. Alles wirkt nicht gekünstelt und doch ist jedes Bild Kunst.
Regisseur Nicolas Winding Refn kreiert eine sehr eigentümliche, jedoch unverkennbare Atmosphäre, die man
in der Form bisher nur sehr selten wahrgenommen hat und die durchaus in der Lage
ist das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Diese Tatsache hebt "Drive" zusätzlich
deutlich von vergleichbaren Thriller-Konkurrenten ab. Auch das ruhige, beinahe schon schleppende Erzähltempo ist irgendwie ein Markenzeichen, sodass man völlig vom Film eingelullt wird. Da stechen die sehr groben und äusserst brutalen Gewaltspitzen wie grelle Blitze hervor und können - durch sehr präzisen Einsatz - den Zuschauer ein uns andere Mal schocken. Auch wird der Zuschauer als mündiger Rezipient betrachtet. Es wird hier
bewusst nichts aufgebauscht, damit es auch noch die Leute in der
hintersten Reihe mitbekommen.
Der Regisseur traut seinen Zuschauern durchaus etwas zu.
Nicht im Sinne von einer Fähigkeit, die "unglaublich tiefgründige Geschichte" zu interpretieren. Denn tiefgründig ist sie nicht.
Vielmehr verlangt der Film nach Luft zum Atmen. Eine gehörige
Portion Geduld und Offenheit, etwas auf sich wirken zu lassen. Ein Bild
(oder eine Reihe von Bildern) einfach auf sich einwirken zu lassen und
die Gedanken darüber zu beobachten, wie sie kommen und gehen.
Beeindruckend. Äußerst beeindruckend.
9/10
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