http://www.imdb.com/title/tt0266697/
Eine kühl wirkende Blondine erwacht nach vier Jahren Koma im Krankenhaus. Erinnerungen voller Schmerz erscheinen in ihrem Kopf - der Tag ihrer Hochzeit ist das Letzte, woran sie sich erinnern kann. Es sollte der schönste Tag ihres Lebens werden, doch stattdessen endet er in einem Massaker. Ihr ehemaliger Liebhaber und Auftraggeber ließ die Hochzeitsgesellschaft von seinem Killerkommando exekutieren und jagte ihr selbst eine Kugel in den Kopf. Jetzt beherrscht sie nur noch ein Gefühl: der eiskalte Rachedurst gegenüber denen, die ihr Leben zerstört haben. Sie beginnt ihren Vergeltungsfeldzug und hinterlässt über zwei Kontinente eine blutige Schneise in den Reihen ihrer Feinde.
Ganze sechs Jahr waren vergangen, seitdem Quentin Tarantino seinen dritten Film ("Jackie Brown") in die Kinos brachte und man wartete gespannt auf seinen vierten Film. Waren bis dato irgendwelche Gangstertypen und ironisch-brisante
Heist-Geschichten überwiegend die Themen seiner bisherigen Filme - undüberhaupt Filme der 90er Jahre - so wurden ab dem neuen
Jahrtausend besonders intensive Rachegelüste im Einklang mit
unübersehbaren Referenzen auf die Filmhistorie abgeliefert.
Genau da greift auch Tarantino's vierter Film, wie es ebenso im Vorspann in den Credits angekündigt wird, "Kill Bill". Und dies ohne jegliche Bescheidenheit und mit aller Kraft, indem man dem mehrteiligen Vergeltungsplan der "Bride" (Uma Thurman) beiwohnt. Quentin Tarantino sollte ab diesem Zeitpunkt nicht
mehr einzig als brillanter Dialogschreiber, sondern auch als
vielseitiger Actionregisseur wahrgenommen werden. Die Entscheidung von
Produzentenseite, dieses Gewalt-Epos in zwei Teile zu zerlegen, wurde
schließlich genutzt, um zwei Genrebereiche mehr oder weniger direkt
einzeln abzudecken: den fernöstlichen Eastern (Volume 1) und den
italienischen Western (Volume 2). Obwohl ich gerne "Kill Bill" als einen
Film durchlebt hätte (auch wenn er 8 Stunden gelaufen wäre), hat diese Interpretation der Zweiteilung doch
ihren unverwechselbaren Charme und hat auch zum wiederholten Kultcharakter von tarantinos vierten Film beigetragen.
"Revenge is a dish best served cold" - Old Klingon Proverb
Man sollte jedoch nicht mit Martial Arts und dazugehörigen langen Vorbereitungen
unbedingt auf Kriegsfuß stehen, wenn man Volume 1 in allen Zügen
genießen will. In knapp 110 Minuten hält sich die Story mit allerlei Erklärungen und
Hintergründen ziemlich zurück und wirft einem speziell im Bezug auf die
titelgebende Zielperson eher kryptische Häppchen zu, sodass man die Braut selbst eigentlich gar nicht wirklich kennen lernt. Man sympathisiert zwar sofort mit ihr, kennt sie aber nicht. "Style over Substance" ist im Rahmen
von Tarantinos Filmverständnis sowieso ein ganz eigenwilliges Thema, auf
Volume 1 würde diese Aussage jedoch deutlich eher zutreffen als etwa
den früheren Filmen des Regisseurs. Der wirre Erzählstil ala "Pulp Fiction" wurde zwar beibehalten, sodass man als Zuschauer schon bei der Stange bleiben muss, um nicht den Anschluß zu verlieren, allerdings erfüllt der Streifen andererseits mit dem vorgenannten Gedanken den zahlreichen Genrevorbildern
entsprechend Tribut zu zollen. Hier knüpft er an einer seiner ganz
großen Stärken an: jede filmische Danksagung funktioniert innerhalb
dieses eigens geschaffenen Universums namens "Kill Bill" auch unabhängig davon, ob man die Originale
schon kennt oder noch nicht. Vielen anderen Regisseuren würde man Plagiatismus oder gar schlicht und einfach Ideendiebstahl vorwerfen - nicht aber Tarantino. Denn bei Letzterem bietet sich für den
interessierten Fan anhand bestimmter (genial ausgewählter) Soundtrack-Stücke, Kameraeinstellungen
oder Kleidungen somit immerhin einen kleinen Wegweiser, um die
betreffenden alten Schätze für sich selbst neu zu entdecken (was man auf
jeden Fall tun sollte). Perfekt auf Uma Thurman zugeschnitten präsentiert er, angelehnt an das
asiatische Rache-Thema, eine weibliche Figur wie sie
interessanter, vielschichtiger und gnadenloser kaum sein könnte. In größtenteils aufwendigsten Kampfsequenzen und Choreographien schnetzelt
die "Bride" alles was sich ihr in den Weg stellt. Dabei spritzt das Blut
in teils extrem übertriebener Weise und Körperteile fliegen reihenweise durch
das Lokal "The House Of Blue Leaves", in dem der Showdown stattfindet. Doch auch wenn man an
einigen Stellen sicher über das Übertrieben wirkende Gemetzel schmunzeln
kann, kommt es dem Zuschauer niemals plump oder banal vor. Im Gegenteil: die Gewalt ist letztendlich doch nur Mittel
zum Zweck, bzw eine Hürde des Protagonisten, ganz an das asiatische Kino angelehnt. Besonders groß sind dabei Sonny Chiba (Hattori Hanzo) und Lucy Liu
(O-Ren Ishii), die ich persönlich nie wieder so überzeugend spielen
gesehen habe. Weiterhin sticht die unfassbar gute Kamera heraus, welche
unglaublich schöne Bilder einfängt und Perspektiven nutzt, die einfach
nur so von Kreativität strotzen.
"Kill Bill Vol.1" ist aber auch unabhängig davon ein
sehr fulminantes, brutales und actionhaltiges Exemplar, das ungemein
kurzweilig und unterhaltsam ist, dessen einziges Manko aber womöglich
die mangelnde Charaktertiefe ist - falls man nach dem Abspann nicht
gleich "Kill Bill Vol.2" hinterherschiebt. Denn noch ist die Liste der Braut nicht
abgearbeitet.
9,5/10
Seit 2013 gibt es eine schöne Blu-ray-Sammlung zum Kult-Regisseur Quentin Tarantino, die selbstverständlich auch die beiden Teile von "Kill Bill" enthält. Ein wunderschönes DigiPak, genial gestaltet und mit goldenen Lettern versehen. Das Teil sollte tatsächlich in keiner Sammlung fehlen:
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