Freitag, 17. August 2018

Incident In A Ghostland - Ghostland (2018)

https://www.imdb.com/title/tt6195094/

Als ihre Tante stirbt, erbt Colleen (Mylène Farmer) das seit langem leerstehende Anwesen der Verstorbenen und zieht mit ihren Töchtern Beth (Emilia Jones) und Vera (Taylor Hickson) dort ein. Doch gleich in ihrer ersten Nacht in dem neuen Zuhause werden sie von brutalen Einbrechern terrorisiert und Colleen muss um ihr Überleben und das ihrer Kinder kämpfen. 16 Jahre später sind die Auswirkungen jener Nacht auf Beth (jetzt: Crystal Reed) und Vera (Anastasia Phillips) immer noch deutlich spürbar: Beth verarbeitet die traumatischen Erfahrungen als Autorin von Horror-Romanen, doch Vera hat keinen Weg gefunden, mit dem Erlebten umzugehen. Sie leidet unter starken Wahnvorstellungen und wohnt immer noch bei ihrer Mutter in dem geerbten Haus. Als Beth ihre Familie dort zum ersten Mal seit langem besucht, kommt es zu merkwürdigen Vorfällen…

Pascal Laugier meldet sich mit einer heftig verdrehten Home-Invasion-Erzählung zurück, deren destruktive Aggressivität ein bösartiger Nonstop-Angriff auf die Nerven und Sinne des Zuschauers ist. In der Balance zwischen Schock und kompromisslosen Terror erreicht der Filmemacher einen intensiven Horrorfilm, der (vielleicht zu) offensichtlich mit den Klischees des Genres spielt. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Traum und Realität verwischen die Spuren der Vernunft. Die Welt, die die Heldin umgibt, wird zunehmend nach dem Ein-mal-eins des Horrorfilms dekonstruiert. Auch fühlt sich Pascal Laugiers neuster Film sowohl konzeptionell als auch ästhetisch sehr ähnlich an, wie sein wohl bisher größter Erfolgt "Martyrs" - mit weniger Gore, aber ebenso viel physischer Gewalt. Und auch wenn "Ghostland" eine nicht so tiefgreifende, apokalyptische Thematik wie "Martyrs" verfolgt, so erhebt auch er einen gewissen Anspruch. Über den kann man sich entweder aufregen und ihn im Grunde als äußert plump und vielleicht sogar etwas problematisch entlarven, oder man konzentriert sich lieber darauf was diesen Ausnahmefilm so verdammt gut macht. Wieder einmal lässt Laugier Frauen leiden, damit daraus eine mentale Stärke entsteht.

Pädophiler Sadismus, Menstruation und grausame Blumentapeten.
Der Film kann als Psycho-Flick über die traumatisierende Adoleszenz zweier rivalisierender Mädchen gesehen werden, oder als ein Genre-Vexierspiel über die Kraft der (literarischen) Phantasie. Das Laugier auch Spaß an Twists hat dürfte jedem, spätestens seit "The Tall Man", bewusst sein. Und so darf auch hier wieder fröhlich hin- und hergetwistet werden. Doch die Überraschung die Laugier hier für den Zuschauer bereit hält, dreht den Film komplett auf den Kopf und macht aus einem spannenden Mystery-Thriller einen puren Terror-Film. So kommt es, dass in der zweite n Hälfte des Films wird nicht viel geredet wird. Dafür umso mehr geschrien, geheult und gebettelt. Die Optik erinnert dabei an altbekannte Genregrößen wie "Texas Chainsaw Massacre" oder "Last House On The Left".

Und ganz in deren Sinne gibt einem Laugier nie ein Gefühl der Sicherheit. Keine Verschnaufpause, keine sich nähernde Hilfe nur der blanke Horror und das durch und durch grässliche Gefühl sich dort zu befinden und um Hilfe zu schreien. "Ghostland" nimmt sich zu Beginn genau so viel Zeit wie er braucht, bis er einen an der Gurgel packt und bis zum Ende immer weiter zu drückt. Laugier haucht einem totgeglaubten Subgenre neues Leben ein und obwohl der Film natürlich seine Fehler hat, fühlt es sich verdammt gut an, am Ende mal wieder verstört dazusitzen und das eben gesehene nicht nach einem Tag wieder zu vergessen. Definitiv ist er eine (etwas vordergründige) Hommage auf das Horrorkino. Seine fiese Odyssee aus Wahnsinn, blankem Entsetzen und Voll-in-die-Fresse-Gewalt bleibt völlig humorbefreit und ist weit entfernt von glatt-gebügelten Teenager-Mainstream-Grusel. Und Laugier beweist wieder einmal, dass er die Codes des Genres kenntnisreich beherrscht.

8/10

Von CAPELIGHT PICTURES erschien der Film ungeschnitten in einem tollen Mediabook:

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