Samstag, 11. August 2018

Mother! (2017)

https://www.imdb.com/title/tt5109784/
Ein Dichter (Javier Bardem) und seine Ehefrau (Jennifer Lawrence) haben sich in die Abgeschiedenheit eines viktorianischen Landhauses zurückgezogen. Er versucht, seine Schreibblockade zu überwinden. Sie richtet das Haus ein, kocht essen, wäscht – und wird zunehmend von alptraumhaften Eindrücken geplagt. Plötzlich steht überraschender Besuch vor der Tür: ein Fremder (Ed Harris) und wenig später dessen Ehefrau (Michelle Pfeiffer). Das Paar wird vom Dichter eingeladen, zu bleiben – obwohl die junge Frau des Künstlers, der die Aufdringlichkeit der Besucherin nicht behagt, Bedenken hat. Und die nächste Invasion des Refugiums lässt nicht lange auf sich warten: Die Söhne (Domhnall und Brian Gleeson) des fremden Ehepaares tauchen auf und tragen ihren zunehmend heftigeren Streit im Haus aus...

Darren Aronofsky ist gewiss eine unheimliche Nervensäge. Jeder Film, bei dem er auch Regie führte, bleibt hängen. Keine seiner Arbeiten ist langweilig, uninteressant oder flach. Nichts, was Aronofsky dirigiert ist leichte Kost oder schnell durchschaubar, filmisch gemütlicher Flaum. Schon seine persönlichen Hintergründe sind im Hinblick einiger seiner Filme rätselhaft. Aronofskys Herangehensweise, seine Inszenierung und die Wahl seiner teils selbst verfassten Stoffe sind schon äußerst markant, stoßen vor den Kopf, stechen ins Herz und drehen die Nerven mitunter entsetzlich durch, berühren auf eine seltsame Weise.

"mother!" ist der Querschnitt all seiner Qualitäten und Trademarks, die nervenden Allüren seiner gezwungenen Gerüste. Bilder, die hängenbleiben, die sich was trauen und sich mit lautem Poltern und Kreischen dem gemeinen Horror- und Thrillerkino entgegensetzen. Die biblische Geschichte verfrachtet in die inkongruente Gefühlswelt eines Paares in einem morschen Landhaus. Unbehaglichkeit und drückende Stimmung gehen mit der Soundkulisse und jeder Kamerabewegung einher. Eine seicht verschleierte, an Ebenen und Schichten reiche Allegorie. Das tapsende Ungleichgewicht, die Risse im Bild der Lust, des Mordes, im Garten der Überlänge. Sägende Metaphern, der drückende Puls aus Regie, Schnitt und Score, den untergeordneten Akteuren und der straffen Überlänge. Unruhig, zuwider und wild. Wie ein Hammer auf Metall. 2 Stunden lang. "mother!" martert und schmerzt, ist verschachtelt und verkopft, rastlos und wirr, psychotisch. "mother!" rührt und hüllt sich immer dicht an der Mutter, zehrt und begehrt. mother! ist die flackernde Traurigkeit im Unverständnis der Menschlichkeit, ihrer verlogenen Fehlbarkeit. "mother! " ist leise. "mother!" zaubert, rennt und verärgert, drückt Reset.

Jennifer Lawrence reisst hier jede Sekunde an sich, nimmt die Erlebniswelt des Zuschauers ein, weint, wehrt und brüllt sich durch ein morbides Theaterstück, in dem ihr wirklich niemand freundlich gesinnt ist. Während sich Menschen grobschlächtig an jeder Diehle und Schraube des Hauses bedienen, blutet das Herz der Mutter immer mehr. Nur eine letzlich unabwendbare Katastrophe, die Zerstörung der Welt als Rache der Natur an den sexgeilen mordenden Eindringlingen bleibt zum augenscheinlich x-ten Male die einzige Lösung, bevor die Schleife von vorne beginnt. Das Universum als ewige Wiederholung, ein immer wieder neuer Versuch, Menschheit und Natur in Einklang zu bringen. Die Invasion von Fremden im eigenen Haus, die wohl jeder nachvollziehbar fürchtet, verpackt in starken Performances und nach vorne peitschender Inszenierung.

Darren Aronofsky mag eine Nervensäge sein. Ein Regisseur der sich nie geradlinig und kantenlos bettet. Egal welcher Kunstform sich man verschreibt, diese Art und Herangehensweise ist höchst beneidenswert, trägt Früchte, dicht und prall in den Kronen. Wie sie fallen, die Früchte, die Köpfe derer einschlagen, die es nicht sehen. "mother!" ist aufregend und stechend ob seiner Absichten. "mother!" ist eklig, schmeckt nach rohem Fleisch und ist biestig, die außer Kontrolle geratene Schöpfung eines zerrüttelten Schöpfers. "mother!" ist das, was den Menschen und seine Umwelt in allen Facetten streichelt. Das Versprechen mit den gekreuzten Fingern hinter dem Rücken. Reset. So viele Stimmen beschwören die eigene Besserung, der Sünde zu entsagen. Der Mensch, die Natur rundum und sein Schöpfer.

7,5/10

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