http://www.imdb.com/title/tt3141498/
Tina (Carolyn Genzkow) ist ein 17-jähriges Mädchen, das alles hat, was
man sich in diesem Alter nur wünschen kann: Sie ist hübsch, hat tolle
Freunde, eine reiche Familie und steht kurz davor, mit Mädchenschwarm
Adam (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) zum neuen Traumpaar der Schule zu
werden. Aber nach einer großen Party fängt sie an, seltsame Albträume zu
erleben, in denen sie einem abgrundtief hässlichen Wesen begegnet. Ihre
Eltern und Freunde glauben ihr allerdings kein Sterbenswörtchen und
halten sie für verrückt. Doch schon bald verschwimmen Realität und
Schein als Tina mit dem Ungeheuer eine ungewöhnliche Freundschaft
eingeht und dabei ihr wahres Ich zeigt. Damit verändert sie das Leben
all jener, die zu ihrer Welt gehören. Doch eines Tages beginnen auch
ihre Eltern und am Ende ihre Freunde, das Wesen mit eigenen Augen zu
sehen...
Die Haut brennt, die Lippen sind rissig, der Mund ist gefüllt mit einen Geschmack von Alkohol und Zigarette, die Haare zottelig und verfilzt. Der Rausch der Nacht ist vorüber, der Schmerz beginnt. Nachwehen wie diese sorgen normalerweise und oft für eine bessere Dosierung des Feierverhaltens. Anders
bei Tina (Carolyn Genzkow), denn bei ihr dürfte ein morgendlicher Kater noch das
geringste Problem sein. Irgendwo zwischen dumpfen, hämmernden Beats und stroboskopartig flackerndem Licht hat Tina
etwas verloren. Etwas scheint ihre innere Sicherheit entrückt zu haben
und stürzt sie nun in den freien Fall. Als der Nachtmahr in ihr Leben
eindringt, scheint es um ihren Verstand eher düster auszusehen und
Psychiater, Eltern und Umfeld scheinen keine Lösung zu finden. Was hat
es mit dem kleinen, grauen Wesen auf sich und wo kann Tina letztlich
zwischen Realität und Delirium unterscheiden?
Wie man bereits an der Inhaltsbeschreibung gemerkt haben dürfte ist
es schwer sein, "Der Nachtmahr" einzuordnen. Achim Bornhaks (Künstlername Akiz) Film ist eine seltsame
Mischung aus Coming-of-age-Drama und Horror-Thriller, aber so richtig
einordnen lassen will sich der Film auch gar nicht. In einem dreckigen, düsteren Berlin, welches nur aus Nachtleben in Underground-Clubs bestehen zu scheint, gibt es kaum Tage oder natürliches Licht. Beinahe nur künstliche Lampen flackern immer und immer wieder über das Bild. Und damit gefällt "Der Nachtmahr" in erster Linie als Szene-Portrait.
Abseits von Tinas durchaus dramatischem Werdegang, ist die Partyszene
zwischen 16 und 25 sehr gut getroffen. Natürlich aus einer rein
subjektiven Perspektive. Die Teens und Twens tragen schwarze, labbrige
Kleidung, gefeiert wird erst nach Mitternacht und Hygiene ist spätestens
nach dem dritten Tag des Wochenendes kein Thema mehr. Schluss mit der
klinischen Party-Realität anderer Genre-Filme, "Der Nachtmahr" ist ganz
am Boden angekommen. Dieser ruppige Realitätsgrad lässt die fiebrigen
Schnittmontagen mit lauten Techno- und Industrial-Sounds sogar noch vereinnahmender
wirken. Die damit zu Beginn des Films gezeigte Warnug sollte man also durchaus ernst nehmen.
"Der Nachtmahr" ist einfach ein audiovisuelles Meisterstück. Kaum zu glauben, dass solch ein Film dann auch noch aus Deutschland kommen könne, wo man sonst eher inmitten einer Ursuppe an Bodenständigkeit dahinschwimmt und nur selten Wagnisse eingeht. Dass sich das lohnen kann, zeigt dieser Streifen hier grandios. Akiz
Film erfindet eine ganz eigene Bildsprache, die inspiriert sein könnte von einem Nicolas Winding Refn aber auch
von rauer Videoclip-Ästhetik früherer "The Prodigy"-Musikvideos. Die weitwinklige
Verfolger-Kamera, wahlweise mit Fisheye ausgestattet, entwickelt eine
nicht zu verachtende Sogwirkung. Inmitten von Chaos, plötzlicher, extremer Lautstärke und geistigem Delirium hat
der Film zudem noch eine feinfühlige Geschichte über Kontrolle zu
bieten. Was bedeutet es Kontrolle über seine Realität zu verlieren und
wie viel Kontrolle ist gesellschaftlich überhaupt konform?
Der
Nachtmahr selbst ist schwer zu charakterisieren. Die Beziehung zwischen ihm und Tina
gewinnt eine ganz besondere Bedeutung auch durch die qualitative
Hochwertigkeit der Darstellung des Nachtmahrs. Die geschickte
Mischung aus Puppe und CGI wirkt in den seltensten Momenten künstlich
und fügt sich meist perfekt in die halbdunkle Szenerie ein. Weil Akizaber zu stark auf seine aufwändig gestaltete
Nachtmahr-Kreatur fixiert ist, zeigt er sie unnötig früh und
detailliert, wo sie doch offensichtlich als Metapher dient – ein
Nachteil für den Spannungsaufbau. Wenn es "Der Nachtmahr" schafft den Zuschauer mit in seinen Strudel
zu ziehen, dann kann man sich der Wucht kaum entziehen. Für einen Film
von derart niedrigem Budget (80.000,- €), entfaltet der Film äußerst effektive
Aspekte des Dramas und bohrt sich auch in Sachen Horror immer wieder
tief ins Unterbewusstsein. Akiz macht Tinas geistige Verfassung
fühlbar und sichtbar. Psychologische und physiologische Realität
vereinen sich hier und machen "Der Nachtmahr" zu einer anstrengenden wie
anregenden Erfahrung. Ein kinetisches, fiebriges Horror-Drama, welches man
aus Deutschland so nicht erwartet hätte. Auf jeden Fall aber ein diskussionswürdiger Beitrag aus Deutschland und ganz unbedingt sehenswert.
7,5/10
Von KOCH Films erschien der Film im limitierten BD/DVD-Mediabook.
Quellen:
Inhaltsangabe: Koch Films
Wie man bereits an der Inhaltsbeschreibung gemerkt haben dürfte ist es schwer sein, "Der Nachtmahr" einzuordnen. Achim Bornhaks (Künstlername Akiz) Film ist eine seltsame Mischung aus Coming-of-age-Drama und Horror-Thriller, aber so richtig einordnen lassen will sich der Film auch gar nicht. In einem dreckigen, düsteren Berlin, welches nur aus Nachtleben in Underground-Clubs bestehen zu scheint, gibt es kaum Tage oder natürliches Licht. Beinahe nur künstliche Lampen flackern immer und immer wieder über das Bild. Und damit gefällt "Der Nachtmahr" in erster Linie als Szene-Portrait. Abseits von Tinas durchaus dramatischem Werdegang, ist die Partyszene zwischen 16 und 25 sehr gut getroffen. Natürlich aus einer rein subjektiven Perspektive. Die Teens und Twens tragen schwarze, labbrige Kleidung, gefeiert wird erst nach Mitternacht und Hygiene ist spätestens nach dem dritten Tag des Wochenendes kein Thema mehr. Schluss mit der klinischen Party-Realität anderer Genre-Filme, "Der Nachtmahr" ist ganz am Boden angekommen. Dieser ruppige Realitätsgrad lässt die fiebrigen Schnittmontagen mit lauten Techno- und Industrial-Sounds sogar noch vereinnahmender wirken. Die damit zu Beginn des Films gezeigte Warnug sollte man also durchaus ernst nehmen.
Der Nachtmahr selbst ist schwer zu charakterisieren. Die Beziehung zwischen ihm und Tina gewinnt eine ganz besondere Bedeutung auch durch die qualitative Hochwertigkeit der Darstellung des Nachtmahrs. Die geschickte Mischung aus Puppe und CGI wirkt in den seltensten Momenten künstlich und fügt sich meist perfekt in die halbdunkle Szenerie ein. Weil Akizaber zu stark auf seine aufwändig gestaltete Nachtmahr-Kreatur fixiert ist, zeigt er sie unnötig früh und detailliert, wo sie doch offensichtlich als Metapher dient – ein Nachteil für den Spannungsaufbau. Wenn es "Der Nachtmahr" schafft den Zuschauer mit in seinen Strudel zu ziehen, dann kann man sich der Wucht kaum entziehen. Für einen Film von derart niedrigem Budget (80.000,- €), entfaltet der Film äußerst effektive Aspekte des Dramas und bohrt sich auch in Sachen Horror immer wieder tief ins Unterbewusstsein. Akiz macht Tinas geistige Verfassung fühlbar und sichtbar. Psychologische und physiologische Realität vereinen sich hier und machen "Der Nachtmahr" zu einer anstrengenden wie anregenden Erfahrung. Ein kinetisches, fiebriges Horror-Drama, welches man aus Deutschland so nicht erwartet hätte. Auf jeden Fall aber ein diskussionswürdiger Beitrag aus Deutschland und ganz unbedingt sehenswert.
7,5/10