http://www.imdb.com/title/tt2562232/
Die Karriere von Riggan Thomson (Michael Keaton) ist quasi am Ende.
Früher verkörperte er den ikonischen Superhelden Birdman, doch heute
gehört er zu den ausgedienten Stars einer vergangenen Ära. In seiner
Verzweiflung versucht er, ein Broadway-Stück auf die Beine zu stellen,
um sich und allen anderen zu beweisen, dass er noch nicht zum alten
Eisen gehört. Als die Premiere näher rückt, fällt Riggans
Hauptdarsteller unfallbedingt aus. Der Regisseur findet mit Mike Shiner
(Edward Norton) schnellen Ersatz – der jedoch nicht nur ein genialer
Schauspieler, sondern auch ein exzentrischer Choleriker ist und Riggans
Tochter Sam (Emma Stone) anbaggert, die gerade einen Drogenentzug hinter
sich gebracht hat. Zusätzlich unter Druck gesetzt wird der gebeutelte
ehemalige "Birdman" von seiner Freundin Laura (Andrea Riseborough), die
erzählt, von ihm schwanger zu sein. Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) schneit
ebenfalls immer dann herein, wenn die Künstlernerven gerade ohnehin
wieder besonders angespannt sind...
Wer sich hier aufgrund der vielen kritiken auf einen schrägen Film freut, der wird von diesem großartigen Stück Film vielleicht und letzten Endes doch noch überrascht. Es ist "Birdman". Ein Film wie eine Ode an das Kino und an das Schauspiel. Man gelangt auf eine beinahe unbeschreibliche Art und Weise in den Lebenskosmos eines Schauspielers.
Eines Schauspielers, der nicht mehr zwischen reellem
Leben und gespielter Rolle unterscheiden kann. Eines Schauspielers der an den Fließbändern der Traumfabrik selbst
Tag für Tag arbeitete und immer noch arbeitet und dadurch zum psychichen
Wrack wird.
Ein Schatten seiner selbst, nie wirklich frei und durch und durch gefangen, denn etwas anderes als gefangen sein kann er nicht mehr, will er
nicht mehr.
Seine Lebensaufgabe und gleichzeitig sein Fluch. "Birdman" rangiert
zwischen Internetruhm, Popularitätswahn, hinter den Kulissen des
Theaters/Kinos und dem Leben an sich hin und her und ergötzt sich an
seiner philosophischen Vielschichtigkeit. Wer hier nicht zum Sinnieren
angeregt wird, dem kann man dann wohl auch nicht mehr helfen.
Hier ist alles clever und durchdacht, auch wenn einem das Script bei
längerem Überfliegen sicherlich wie ein nicht enden wollendes
Gedankenlabyrinth vorkommen dürfte, aber allein schon mit dem Intro
setzt sich Regisseur Alejandro González Iñárritu ein Denkmal. Virtuos und nahezu ohne sichtbaren
Schnitt führt Lubezkis Kamera den geneigten Zuschauer durch die mehrdeutige Story, bei derman sich nicht selten fragen muss "ist das jetzt gerade gespielt oder
doch sein echtes Leben?". "Birdman" ist, genau wie seine Schauspieler,
einfach genial, um dieses Urteil kommt man nicht herum, aber um ihn auch
zu mögen muss man Fan von all dem sein, was in dem Streifen Thema ist. Wenn
man nicht vorher schon ein Theater- oder Filmliebhaber ist, dann wirds
höchstwahrscheinlich auch mit dem Streifen nix, denn "Birdman" bedeutet
gleichwohl Arbeit für den
Zuschauer und auch ein ständiges Interesse - und nichts ist schlimmer, als sich dazu zwingen zu müssen,
oder etwa nicht?
"Birdman" ist alles andere als simpel und so muss man eben als
Beobachter mitdenken und wenn man dann schließlich hinter die Gedanken
von Regisseur und Leitdenker Iñárritu kommt, dann fragt man sich an
mancher Stelle schon, ob das noch aus dem Gehirn eines
"Normalsterblichen" stammen kann. Hier greift alles ineinander:
voyeuristische Kamera, instrumentaler Soundtrack und überragendes
Schauspiel. Hier muss der Hauptdarsteller gleichzeitig Regisseur,
Schauspieler, fiktive Heldenfigur, Familienvater und psychisches Wrack
in einem spielen und genau das macht Michael Keaton mit einer Bravour,
die wohl ihresgleichen sucht.
Das Schönste an dem FIlm ist jedoch, dass man sich mal so richtig, also
ohne technischen Schnickschnack, auf die Leistungen der Schauspieler
konzentrieren kann. Die Steadicam sorgt nämlich immer dafür, dass sie
nahe bei ihnen bleibt, und das verlangt auch schon dadurch von ihnen
etwas ab. Und so reihen sich auch all die anderen Darsteller (unter ihnen Edward Norton,
Emma Stone, Zach Galifianakis und Naomi Watts) dort
nahtlos mit ein und jeder für sich spielt hier über allen Ansprüchen,
die man vorher gehabt haben könnte.
Letzten Endes ist und bleibt "Birdman"
in allen Belangen und aktuell unangetastet und erhaben, bei all seiner Brillanz
aber auch ein hartes Stück Arbeit für den Zuschauer und sicherlich
nichts für einen entspannten Sonntagnachmittag, bei dem man getrost das
Gehirn gleich im Bett lassen kann. Und trotzdem sollten man den Film unbedingt anschauen!
8/10
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