Freitag, 16. August 2024

Men - Men: Was dich sucht, wird dich finden (2022)

https://www.imdb.com/title/tt13841850/

Nachdem sie ein persönliches Drama erlebt hat, beschließt Harper (Jessie Buckley), sich eine Auszeit zu nehmen. Sie mietet sich ein luxuriöses Cottage auf dem Land und hofft, in der Beschaulichkeit des englischen Dörfchens und der umliegenden Wälder Ruhe zu finden. Doch bald kommt es zu sonderbaren Begegnungen mit den Dorfbewohnern. Über ihren schrulligen Vermieter Geoffrey (Rory Kinnear) kann Harper zunächst noch lachen. Aber als sie bei einem Waldspaziergang auf einen nackten Mann trifft, der sie zu verfolgen scheint, und später dann auch noch vom örtlichen Vikar in ein äußerst unangenehmes Gespräch verwickelt wird, beginnt sie sich zu fragen, ob mit dem Ort etwas nicht stimmt. Die Situation wird zunehmend bedrohlicher und der Ausflug ins vermeintliche Paradies entwickelt sich für Harper zu einem absoluten Alptraum, in den sich die Erinnerungen an ihre persönliche Tragödie mischen und aus dem es kein Entkommen zu geben scheint...

"Men" ist ein Phänomen. Und er hat seine Momente, die ihn zu den besten Thrillern zählen lassen könnten. Der Zuschauer schwankt zwischen purerem Entsetzen, Verständnislosigkeit und ersticktem Lachen. Wie auch immer die Reaktion auf die neueste, sorgfältig gemachte Gedankenverwirrung des Drehbuchautors und Regisseurs Alex Garland sein mag, Gleichgültigkeit wird es nicht sein. Dies ist eine gefühlsbetonte Erfahrung und sie unterstreicht Garlands einzigartiges Können als Künstler unauslöschlicher Bilder und fesselnder Stimmungen. Wie in seinen vorherigen Filmen "Ex Machina" und "Auslöschung" erzeugt er bereits früh im Film ein Gefühl des Unbehagens, beinahe Angst und hält den Zuschauer für einen Großteil des Films unerbittlich darin gefangen. Das methodische Tempo, die unheimliche Kinematographie, das verblüffende Sounddesign und die lebendigen visuellen Effekte wirken alle in Synergie, um eine fast gnadenlose Spannung zu erzeugen. Aber dann erreicht "Men" seinen wilden, kraftvollen Höhepunkt - und an der Stelle bricht alles letztendlich auseinander.

"Men" ist am eindrucksvollsten als eindringliche Erkundung der Trauer, während es einen mühsamen Weg zur Heilung beschreitet. Die englische Landschaft, in der die Heldin nach einem schrecklichen Verlust Zuflucht sucht, wirkt friedlich und einladend. Die üppigen Wälder sind ruhig und kühl, wie so oft in Garlands Filmen - bis sie es nicht mehr sind. Das herrschaftliche Herrenhaus, das sie gemietet hat, bietet weit mehr Platz, als sie braucht - bis sie sich nirgendwo mehr verstecken kann. Jessie Buckley navigiert durch die vielen Gefahren, die ihre Figur Harper erwarten, mit einem Unbehagen, das schließlich zu Angst wird. Ihre Gefühle sind alle an der Oberfläche und sie zieht den Zuschauer mit sich, während sie um ihre geistige Gesundheit und ihre Sicherheit kämpft. Ihre Darstellung ist von einer Ehrlichkeit und Unmittelbarkeit geprägt, die einen fesseln, auch wenn "Men" zunehmend unkonzentriert wird. Harper ist in dieses idyllische Dorf geflohen, nachdem sie eine schwere Tragödie erlebt hat, die wir zu Beginn des Films in faszinierender Zeitlupe unter orangefarbenem, stürmischem Himmel miterleben. Aber obwohl sie vier Stunden von ihrem Zuhause in London entfernt gefahren ist, dauert es nicht lange, bis sie merkt, dass sie sich in den Mittelpunkt eines anderen Traumas begeben hat. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Ort, mit diesen Leuten, die alle zufällig Männer sind. Ein bestimmter Mann, um genau zu sein, in verschiedenen Formen. Er ist der Hausmeister, der Pfarrer, der Barkeeper, der Polizist und in seinen verstörendsten Form ein nackte Stalker und der mürrische Teenager. (Die CGI-Gesichtsgestaltung dieses Jungen scheint absichtlich unvollkommen zu sein, um ihn noch abstoßender als den Rest zu machen.) Er ist Rory Kinnear, ein langjähriger Charakterdarsteller, der seine beeindruckende Vielseitigkeit in einer breiten Palette von Rollen unter Beweis stellt. Durch Haar- und Make-up-Effekte kann er jede neue Rolle ganz individuell annehmen, behält aber immer eine unverkennbar bedrohliche Ausstrahlung. Denn egal, wer dieser Typ ist, er enttäuscht sie immer wieder - oder schlimmer. Ob es eine Abfuhr oder eine sexistische Beleidigung, eine passiv-aggressive Bemerkung oder ein offen aggressiver Angriff ist, er kommt einfach immer wieder, und jede Inkarnation ist gefährlicher als die vorherige. Wie Harper mit dem Ansturm umgeht, wird zu ihrer persönlichen Hölle - und zu der des Zuschauers.

In "Men" überschreitet Garland erneut eine Grenze, an der klar wird, dass wir die Realität völlig verlassen haben. Eine Zeit lang ist es möglich, dass Harper einfach nur paranoid ist, wie in einer ruhigen, kraftvollen Szene, in der sie ihre Stimme spielerisch durch einen leeren Tunnel hallt, nur um festzustellen, dass dieser vielleicht doch nicht leer ist. Doch mit der Zeit befinden wir uns in einer Zone voll ausgeprägter Halluzinationen, und zwar auf blendende Weise. "Men" summt und steigert sich zu einer Raserei auf eine Weise, die an Darren Aronofskys "Mother!" erinnert. In Zusammenarbeit mit seinem üblichen Kameramann Rob Hardy und den Komponisten Geoff Barrow und Ben Salisbury sowie dem Editor Jake Roberts schafft Garland eine Symphonie kontrollierten Chaos. Und doch sind die Themen, die Garland untersucht, etwas verschwommener, obwohl die technische Exzellenz des Films außer Frage steht. Was will er über die Prüfungen sagen, die Frauen im Patriarchat ertragen müssen? Er führt früh und oft biblische Bilder ein: Harper pflückt buchstäblich einen Apfel von einem Baum im Garten und beißt hinein, als sie im Herrenhaus ankommt. Will er damit andeuten, dass sich in über 2.000 Jahren der Beziehungen zwischen Mann und Frau nichts geändert hat? Später fügt er noch einige rituelle heidnische Bilder ein, um uns klarzumachen, dass man zumindest einen altmodischen britischen Folk-Horror der 70er Jahre sieht. Und wie hängt das alles mit dem schockierenden, drastischen und geradezu bizarren Schluss des Films zusammen? Hätte man diese Ideen schärfer in den Fokus gerückt, hätten sie viel mehr Kraft gehabt. Stattdessen mäandern und wuchern sie, bleiben faszinierend, aber quälend unerreichbar. Dennoch ist dies der Stoff, aus dem Albträume sind, und Garland zeigt Ihnen hier Dinge, die man nie wieder vergessen wird - aber man kann herrlich bei einem Getränke darüber mit einem Freund sprechen. 

7,5/10

Quellen
Inhaltsangabe: Koch Films
Poster/ArtworkDNA Films

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