Im Jahr 1978 versetzt der sogenannte "Greifer" eine Kleinstadt in Colorado in Angst und Schrecken. Immer wieder verschwinden Kinder spurlos. Die Grundschülerin Gwen (Madeleine McGraw) sieht zwar in ihren Träumen einen Mann mit schwarzen Luftballons, der Kinder verschleppt - traut sich aber nicht, etwas zu sagen, weil ihr alkoholkranker Vater Terrence (Jeremy Davies) sie dann verprügelt. Aber dann wird auch Gwens 13-jähriger Bruder Finney (Mason Thames) entführt - und findet sich plötzlich in einem schalldichten Keller wieder, wo ihn der maskierte Greifer (Ethan Hawke) begrüßt. Schreien hilft hier gar nichts - aber an der Wand hängt ein Telefon, das trotz durchgeschnittenem Kabel immer wieder klingelt. Offenbar sind es die Geister der früheren Opfer des sadistischen Serienmörders, die sich an ihrem Mörder rächen und zugleich Finney vor einem ähnlichen Schicksal beschützen wollen...
Mehr berührend als erschreckend ist Scott Derricksons "Black Phone" weniger ein Horrorfilm als eine Coming-of-Age-Geistergeschichte. Anstelle von Blutfontänen und wogendem Schrecken hat diese unterhaltsame Adaption von Joe Hills Kurzgeschichte aus dem Jahr 2005 einen fast kontemplativen Ton, der den bekannten Horrortropen - ein maskierter Psychopath, Kommunikation aus dem Jenseits - viel von ihrem Reiz nimmt. Der geringe Gänsehautfaktor des Films ist jedoch alles andere als ruinös. Im Mittelpunkt der Geschichte, die in der Kleinstadt Colorado in den 1970er Jahren spielt, steht der 13-jährige Finney (Mason Thames), ein hervorragender Baseball-Pitcher, der unter der Last seiner toten Mutter, der Tyrannen in der Schule und seines missbrauchenden, alkoholkranken Vaters (Jeremy Davies) leidet. Eine frühe Lektion eines neuen Freundes (ein charismatischer Miguel Cazarez Mora) darüber, wie man sich wehrt, erweist sich als vorhersehbar, als Finney das jüngste Opfer von The Grabber (Ethan Hawke) wird, einem clownesken Zauberer und Entführer mehrerer Jungen aus der Nachbarschaft.
Auch wenn der Film wenig gruselig und wenig spezifisch ist (der Grabber ist ein generischer, etwas komischer Bösewicht mit einer unerforschten Psychose), ist "The Black Phone" als eine Feier der jugendlichen Unverwüstlichkeit erfolgreicher. Während Finney in einem schalldichten Zementkerker schmachtet, nutzt seine kleine Schwester Gwen (Madeleine McGraw, eine herausragende Leistung) die übersinnlichen Fähigkeiten, die sie von ihrer Mutter geerbt hat, um ihn zu finden. Finney erhält auch Hilfe von den früheren Opfern des Mörders, die ihn über das alte Telefon an der Wand über seinem Bett anrufen, ohne sich von der Tatsache abschrecken zu lassen, dass es längst abgeschaltet ist. Derrickson (der das Drehbuch zusammen mit C. Robert Cargill schrieb) greift auf Elemente seiner eigenen Kindheit und Jugend zurück und beschwört eine Zeit herauf, in der Ted Bundy in den Nachrichten war und "The Texas Chainsaw Massacre" im Autokino lief. Die Bilder des Films haben einen sanften, antiken Schimmer, der die nostalgische Stimmung verstärkt und gleichzeitig das Grauen abmildert. (Man vergleiche zum Beispiel Finneys Entführung mit Georgies Entführung in dem 2017 erschienenen Gruselfilm "Es": Beide zeigen Luftballons und ein maskiertes Monster, aber nur eines ist furchterregend.) Da hilft es auch nicht, dass Hawke in einer Figur gestrandet ist, deren Folterrepertoire hauptsächlich aus kunstvollen Handgesten besteht.
The Black Phone" lehnt sich stark an die vertrauten erzählerischen Obsessionen von Hills Vater Stephen King an - mutige Kinder, rücksichtslose Eltern, gruselige Clowns und ihr Spielzeug - und fühlt sich unvermeidlich abgeleitet an. Aber die jungen Schauspieler sind sympathisch, der Schauplatz ist liebevoll erdacht und die Ängste des Heranwachsens stehen im Mittelpunkt. Für die meisten der Zuschauer waren diese Ängste aber auch mehr als genug, um Gänsehaut zu erzeugen.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Turbine / Universal
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