http://www.imdb.com/title/tt3417756/
Spanien in den 1950er Jahren: Nach dem Tod ihrer Mutter und dem
anschließenden Verschwinden des Vaters musste sich Montse (Macarena
Gómez) alleine um ihre kleine Schwester kümmern. Gemeinsam leben sie
zurückgezogen von der Außenwelt in einer finsteren Wohnung in Madrid.
Mit der Zeit hat die ältere Schwester eine psychische Störung
entwickelt, die es ihr unmöglich macht, einen Fuß vor die Tür zu setzen.
Als sich jedoch eines Tages der junge Nachbar Carlos (Hugo Silva) im
Treppenhaus verletzt und bei den Schwestern um Hilfe bittet, lässt
Montse den Mann trotz ihrer Ängste in das Apartment. Zunächst nimmt sie
sich des Verletzten fürsorglich an, doch nach und nach entwickelt sie
eine regelrechte Obsession. Als sie dann bemerkt, dass sich Carlos
offensichtlich mehr zu ihrer Schwester hingezogen fühlt, werden in ihr
ungeahnte Gefühle wach, die sich unaufhaltsam in Gewalt ausschlagen.
Aus Spanien kommen mitunter tatsächlich die größten Horrorperlen. "Musarañas" ist nun ein weiterer Vertreter seiner Art, der an einigen Stellen doch mehr als nur etwas an Stephen King's "Misery" erinnert. Ein ganz leichter Hauch von Hitchcock weht durch das bestechend
fotografierte Beinah-Kammerspiel, bis der ambivalente Suspense-Nebel etwas zu schnell aufbricht und dennoch nicht zwingend an Reiz einbüßt. Damit ist der Streifen wieder ein toller Genrebeitrag, bei dem man sich nur wünschen kann, dass er von Fans von Horror und Thriller, die genug vom ewigen Hollywood-Grusel haben, noch mehr
Aufmerksamkeit bekommt.
Die Geschichte ist originell, spannend, entwickelt sich sehr
bedächtig, aber jederzeit konsequent und zieht in dem (wirklich
überraschend blutigen Finale) die Spannungsschraube noch einmal
ordentlich an. Die Fronten sind eher geklärt als erwartet und "Musarañas" wird rasch zur beengten Variation von "Misery", mit einer
entscheidenden Hauptperson mehr, stetig begleitet von den Geheimnissen und Geistern der Vergangenheit, die genau wie Montse (Macarena
Gómez) die Wohnung nie verlassen
werden. Neben der erstaunlich abgebrühten, stilistisch sicheren Regie
überzeugt der Film besonders auf darstellerischer Ebene, wobei einen Hauptteil auch Luis Tosar mitträgt, vielleicht auch einfach deswegen weil sein markanter Charakter bereits in ähnlich angesiedelten Filmen überzeugen konnte.
Wenn sich "Musarañas" etwas vorwerfen lassen muss (das dafür aber relativ deutlich), dann
das Auslassen seines Potenzials. Nun muss man bei einem Debüt nicht automatisch gleich ein Meisterwerk erwarten, dennoch sollte der Ansatz nicht vernachlässigt werden. Denn in diesem
Film stecken exzellente Ansätze, wie die für die Plotentwicklung
ausschlaggebende Agoraphobie der Protagonistin, die im Gesamtkontext
einer äußerst bittere Note beinhaltet und zeitgleich das Szenario
ergänzend eineingt, aber in Richtung Finale kaum bis
gar keine relevante Berücksichtigung mehr findet. Außer für den
finalen, erklärenden Twist, denn man so sicher nicht auch nur erahnen konnte.
Damit holt "Musarañas" aus seiner
tragisch-traumatischen Prämisse zwar nicht das Optimum heraus, verläuft sich etwas in
einem leicht konventionellen Finale und versäumt knapp den ganz cleveren
Höhepunkt, trotzdem ist er ein toll inszenierter und bemerkenswerter Film,
dem nur der entscheidende Feinschliff fehlt.
8/10
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