http://www.imdb.com/title/tt1527788/
Pfandleiher Tae-Sik Cha (Won Bin) will nur seine Ruhe haben.
Zurückgezogen und unauffällig geht er seinem Beruf nach und freundet
sich nur ein wenig mit einem kleinen Mädchen aus der Nachbarschaft an.
Als deren Mutter Drogen von einem mächtigen Kartell stiehlt und die Ware
im Pfandhaus versteckt, ist es mit der Ruhe vorbei. Die Gangster
entführen Mutter und Tochter und zwingen Bin Won einen Job für sie zu
erledigen. Doch sie ahnen nicht, mit wem sie sich da angelegt haben.
Denn Tae-Sik war nicht immer ein Pfandleiher, er hat eine Vergangenheit... und er hat vor allem nichts zu verlieren...
Alles endet mit einem gequälten
Blick irgendwo zwischen Hoffnung und Ausweglosigkeit. Zwei
Gefühlsregungen, die sich im Großstadtgewusel Seouls immer diametral
gegenüberstanden. Wo die Hoffnung herziehen, wenn Ausweglosigkeit jede
Sekunde des Lebens dominiert und der Gedanke an die eigene Zukunft eine
zeppelingroße, leere Blase ist? Der mürrische und
vergangenheitsgeschundene Antiheld Cha Tae-sik (wunderbar impulsiv und
mitunter apathisch gespielt von Won Bin) füllt diese Leere mit einer
platonischen, fast schon melancholischen Beziehung zum vernachlässigten
und frühreifen (auch in schauspielerischer Hinsicht) Mädchen So-mi (Kim
Sae-ron), wie man es von Jean Reno und Natalie Portman in "Leon - der
Profi" kennt. Eine so glaubhaft verbildlichte Bindung zweier
Ausgestoßener als Vehikel für eine recht simple Rachestory nach
altbekannten Mustern, Rollenverteilungen (unschuldig dreinblickendes
Mädchen, einzelgängerischer Protagonist, ausgeflippter Bösewicht) und
den legendären Gewaltauswüchsen des Asia-Kinos.
"The Man From Nowhere" mag inszenatorisch nur halb so künstlerisch
gewieft wie seine koreanischen Genrebrüder ("The Chaser", "
Oldboy", "
I Saw The Devil") sein. Die Seoul-typische Verkommenheitsästhetik –
allseits prononciert in gräulicher Tristesse und unentrinnbarer
Abgründigkeit – hat Regisseur Lee Jeong-beom allerdings in all seiner
Grässlichkeit perfektioniert. Drogensyndikate, Menschen- und Organhandel, versiffte Wohnbaracken,
Gewalt als legitimes Kommunikationsmedium. Wenn Jeong-beom das Milieu
der sozialen Großstadtverlierer durchleuchtet und skizziert, zeigt sich
die Extravaganz des so poppig-schillernden Südkoreas höchstens als
Spielwiese der dekadenten Verbrecherbanden, als Hort des
personifizierten Übels.
In fein choreographierten, manchmal etwas zu hektisch geschnittenen
Actionsequenzen geschieht die letztlich letale Gewalt zunächst meist im
Off, weil die Kamera im finalen Moment wegdreht. Doch die Wut staut sich
an. Hat Jeong-beom den Bluthahn erst noch resistent geschlossen
gelassen und dann stetig gelockert, muss er am Ende gezwungenermaßen
aufdrehen und geradezu entfesselt das gesamte Elend seiner Geschichte in
einer explosiven Gewaltorgie kanalisieren und abfließen lassen. Hätte man das hemmungslose Schnetzeln am Ende anderen Produktionen
vermutlich als reinsten Brutalo-Fetisch und Befriedigung des Voyeurismus
angelastet, bleibt "The Man From Nowhere" in all seinen Aktionen
glaubwürdig. Weil die Bindung zwischen So-mi und Cha Tae-sik so real und
emotional erscheint. Weil die Gräuel im Moloch der Metropole so
authentisch wirken. Weil die Perspektivlosigkeit so spürbar ist. Weil
man sich für die beiden eben irgendwie Hoffnung anstatt Ausweglosigkeit
wünscht. Und wenn sich koreakitschige Theatralik, Gefühligkeit und
Sanftmut mit bis zur letzten Konsequenz exerzierten Gewaltphantasien
symbiotisieren, kann letztendlich schon fast nichts mehr schief gehen.
8,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Splendid
Poster/Artwork: Splendid
In fein choreographierten, manchmal etwas zu hektisch geschnittenen Actionsequenzen geschieht die letztlich letale Gewalt zunächst meist im Off, weil die Kamera im finalen Moment wegdreht. Doch die Wut staut sich an. Hat Jeong-beom den Bluthahn erst noch resistent geschlossen gelassen und dann stetig gelockert, muss er am Ende gezwungenermaßen aufdrehen und geradezu entfesselt das gesamte Elend seiner Geschichte in einer explosiven Gewaltorgie kanalisieren und abfließen lassen. Hätte man das hemmungslose Schnetzeln am Ende anderen Produktionen vermutlich als reinsten Brutalo-Fetisch und Befriedigung des Voyeurismus angelastet, bleibt "The Man From Nowhere" in all seinen Aktionen glaubwürdig. Weil die Bindung zwischen So-mi und Cha Tae-sik so real und emotional erscheint. Weil die Gräuel im Moloch der Metropole so authentisch wirken. Weil die Perspektivlosigkeit so spürbar ist. Weil man sich für die beiden eben irgendwie Hoffnung anstatt Ausweglosigkeit wünscht. Und wenn sich koreakitschige Theatralik, Gefühligkeit und Sanftmut mit bis zur letzten Konsequenz exerzierten Gewaltphantasien symbiotisieren, kann letztendlich schon fast nichts mehr schief gehen.