http://www.imdb.com/title/tt1371111/
Der Notar Adam Ewing (Jim Sturgess) lernt 1850 mit einem Schiff die Ureinwohner des Südpazifik und ihre Unterdrückung kennen. Der junge Musiker Robert Forbisher (Ben Whishaw) arbeitet 1931 an seinem Wolkenatlas-Sextett und wird dabei von Ewings Tagebuch inspiriert. Die Journalistin Luisa Rey (Halle Berry)
ermittelt 1975 über eine vertuschte Fehlkonstruktion beim Bau eines
Atomkraftwerks und erfährt dabei auch von Forbisher. Der Verleger
Timothy Cavendish (Jim Broadbent),
der Luisa Reys Geschichte veröffentlichen will, wird in der Gegenwart
irrtümlich in ein Altenheim eingewiesen. In der nahen Zukunft kämpft die
junge Replikantin Sonmi-451 (Doona Bae),
deren Lieblingsfilm die Verfilmung von Cavendishs Lebensgeschichte ist,
für die Anerkennung ihrer Menschlichkeit. Schließlich spielt eine
Episode in ferner Zukunft, in der die menschliche Zivilisation
weitgehend wieder auf den Stand der Steinzeit zurückgefallen ist. Nur
ein Hologramm mit den Aufzeichnungen Sonmis kündet von der lange
vergangenen Zeit.
Es ist eines der größenwahnsinnigsten Filmprojekte aller Zeiten. Eine
Adaption des Buches "Der Wolkenatlas" des britischen Schriftstellers
David Mitchell, welches wegen seiner Monumentalität und komplizierten
Konstruktion eigentlich als unverfilmbar galt und somit eine perfekte
Herausforderung für die gleich drei Regisseure darstellte: Der Deutsche
Tom Tykwer ist seit dem Erfolg seiner Patrick-Süskind-Adaption "Das
Parfüm" geradezu prädestiniert für unverfilmbare Romane, während die
Wachowsky-Geschwister sich schon mit ihrer "Matrix"-Trilogie als
Spezialisten für Größenwahnsinniges präsentiert haben.
Um die 120
Millionen Dollar hat der Spaß gekostet, gestellt hauptsächlich von der
deutschen Filmförderung, was ihn zum teuersten deutschen Film aller
Zeiten macht. Der Cast, angeführt von Tom Hanks und Halle Berry über
Hugh Grant und Susan Sarandon bis hin zu Jim Broadbent und Hugo Weaving,
von denen jeder auch noch um die fünf verschiedenen Rollen spielt, ist
fantastisch. Genretechnisch lässt sich der Film so wenig festlegen wie
kein anderer, wandert ständig zwischen Romanze, Thriller, Komödie,
Sozialdrama, Historienfilm, Science-Fiction und und und…
Aber wie funktioniert das überhaupt? Etwas durchwachsen. Der Film ist,
gelinde gesagt, verwirrend. Er erzählt nicht weniger als sechs
Geschichten, die über knapp 500 Jahre verteilt sind. Doch während im Buch die
sechs Geschichten wenigstens schön ordentlich hintereinander erzählt
werden (ich selbst las das Buch nie und habe diese Information nur aus einem kurzen Essay), haben sich die Regisseure entschlossen, diese Struktur sogar
noch zu verkomplizieren und in "chaotischer Ordnung" durcheinander zu montieren. Nicht
gerade die beste Taktik, ein so kompliziertes Werk dem breiten Publikum
schmackhaft zu machen. Und dann sollen diese Geschichten angeblich auch
noch inhaltlich irgendwie miteinander verbunden sein... Hm. Diesen Konstrukt kompliziert zu
nennen wäre weit untertrieben. Und obwohl der Film mit annähernd drei Stunden
deutliche Überlänge aufweist, gelingt es den Machern nicht immer, die
Verbindung zwischen den sechs Geschichten kenntlich zu machen.
Ein junger amerikanischer Anwalt freundet sich mit einem entlaufenen
Sklaven an und bekommt die Bosheit der "überlegenen weißen Rasse" am
eigenen Leib zu spüren.
Dessen Tagebücher liest 80 Jahre später ein junger britischer Komponist,
dessen eigene Homosexualität ihm zum später Verhängnis wird. 40 Jahre danach erzählt
der Freund des mittlerweile verstorbenen Komponisten, ein
Wissenschaftler, der Journalistin Halle Berry von einem großangelegten
Wirtschafts- und Energieskandal, welchen diese publik macht und ein Buch
darüber schreibt, das in unserer Zeit einem pleite gegangenen Verleger
zu neuem wirtschaftlichen Aufschwung verhilft; er schreibt seine
Lebensgeschichte um die Gefangenschaft und den Ausbruch aus einem
tyrannisch geführten Altersheim auf, dieses Buch wird verfilmt, der Film
wiederum inspiriert im Seoul des 22. Jahrhunderts eine geklonte
Kellnerin dem Widerstand
gegen eine Art kapitalistisch-sozialistische Diktatur beizutreten, wofür
sie 150 Jahre später, nach der Klimakatastrophe, von den letzten
überlebenden Menschen als Göttin verehrt wird.
Verwirrt? Doch das soll nicht davon ablenken, dass der Film durchaus
einige beherzigenswerte Botschaften enthält, die in dem
unübersichtlichen Handlungswirrwarr aber manchmal etwas untergehen. Ein
paar Sätze aus der letzten Rede unserer Widerstandskellnerin kann man
als Grundaussage des gesamten Films auffassen: "Leben heißt wahrgenommen
werden. Unsere Leben gehören nicht uns. Jede unserer Handlungen hat
Auswirkungen auf die Zukunft." Das ist nur eine der zahlreichen, meiner
Meinung nach, sehr klugen Aussagen in diesem Film und absolut kein
bloßes Geschwafel, das ist wie ein Crashkurs durch die
Philosophiegeschichte. Der Film hat eben Anspruch, will mehr sein als
bloße Unterhaltung. Dass er teilweise über sein Ziel hinausschießt und
manchmal etwas aufgeblasen daherkommt, ist aufgrund des großartigen
Gesamtentwurfs zu verzeihen. In einer Zeit, in der Hollywood endgültig
zur Geldmaschine verkommen ist und das Publikum nur noch mit Dutzenden
von Fortsetzungen einstmals erfolgreicher Ideen malträtiert, muss man
den Filmemachern für ihren künstlerischen Wagemut dankbar sein.
8/10
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