Freitag, 5. September 2025

The House That Dripped Blood - Totentanz der Vampire (1970)

https://www.imdb.com/de/title/tt0065854/

Sämtliche Mieter eines schaurig-einsamen, mysteriösen Landhauses kommen auf seltsame Weise ums Leben - direkt oder indirekt durch Vampire. Für Freunde und Kenner des Genres ein reizvoller Horrorfilm, sorgfältig und spannend inszeniert, in einer Vampir-Episode mehr amüsant als erschreckend.

"Totentanz der Vampire" aus dem Jahr 1970 ist ein Film, der in vielerlei Hinsicht wie ein kristallisiertes Echo seiner Epoche wirkt, ein Werk, das einerseits tief in den gotischen Traditionen des Horrorfilms verwurzelt ist und andererseits den ironischen Bruch wagt, der für das späte 20. Jahrhundert so charakteristisch wurde. Man spürt, dass Regisseur und Drehbuch gleichermaßen vom Geist der Hammer-Studios und des italienischen Giallo-Kinos inspiriert sind, ohne sich ganz in deren Stilistik zu verlieren - stattdessen entsteht ein Hybrid, ein Schauerstück, das ernsthaft beginnt und doch nicht widerstehen kann, sich selbst ein wenig zu hinterfragen. Filme dieser Zeit lebten vom Spannungsfeld zwischen Tradition und Erneuerung, und "Totentanz der Vampire" wurde so zu einem Kind der Post-68er Jahre, in denen selbst der Horrorfilm politisch ambivalente Untertöne tragen konnte.

Was den Film so reizvoll macht, ist die Inszenierung: In den kalten Farben, im nebelverhangenen Schlossambiente und in den spitzen Dialogen zwischen den Figuren wird eine Atmosphäre geschaffen, die unbestreitbar klassisch wirkt, zugleich aber eine feine Selbstironie durchsickern lässt. Der Vampir selbst wird hier weniger als metaphysische Bedrohung verstanden, sondern als Spiegelbild einer Gesellschaft, die zwischen Dekadenz und Unterdrückung taumelt. Das Schauspiel bewegt sich am Rand des komödiantischen, aber nie so weit, dass es ins Lächerliche kippt - und gerade das macht den Reiz aus: Die Balance zwischen Pathos und Augenzwinkern. Ein weiteres hervorstechendes Element ist die Musik. Sie oszilliert zwischen orchestraler Schwere, die an die besten Momente von Bernard Herrmann erinnert, und Momenten fast barocker Überladung. Diese Überhöhung war im Jahr 1970 sicher ein Risiko, denn neue Strömungen verlangten nach Realismus und Härte - und doch entschied sich der Film für den Exzess, und gerade dadurch gewann er ein Alleinstellungsmerkmal. Betrachtet man "Totentanz der Vampire" rückblickend, erkennt man darin eine Weichenstellung für das, was der Horror der 1970er Jahre noch werden sollte: eine immer komplexere Mischung aus Tradition und Rebellion.

Dem Zuschauer der damaligen Zeit bot der Film vermutlich daher genau das, was Kino leisten konnte: ein ästhetisches Erlebnis zwischen Finsternis und Verführung. Für ein Publikum, das inmitten politischer Spannungen, kultureller Umbrüche und der beginnenden sexuellen Liberalisierung saß, war der Vampir kein bloßes Monster mehr, sondern ein Zeichen für das gefährlich Schöne, für die Lust wie auch die Dekadenz. Wer 1970 ins Kino ging, suchte nicht unbedingt Realität, sondern ein Ritual der Entgrenzung - und genau darin liegt die Stärke des Films begründet. Er erfüllt nicht nur Genreerwartungen, er spielt auch mit ihnen, ganz so, wie es die beste Kunst immer tut. "Totentanz der Vampire" ist deshalb kein Fußnotenwerk eines ausgelaugten Genres, sondern vielmehr ein würdiger Repräsentant seiner Zeit: üppig, ironisch, schaurig und doch lebendig - ein Tanz zwischen Ernst und Parodie, der zeigt, wie sehr das Kino von 1970 bereit war, Grenzen zu verwischen, um neue Räume des Erzählens und Fühlens zu erschließen.

6,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: UCM.ONE
Poster/Artwork: Amicus Productions

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