Als am Strand eines Tages die verstümmelte Leiche eines Menschen, die schon seit vielen Jahren dort liegen muß, gefunden wird, tappt die Polizei zunächst im Dunkeln. Nach und nach führen sie Indizien dann aber doch zu einem Verdächtigen: dem Restaurantbesitzer Wong Chi Hang, dessen Spezialität Fleischbällchen sind. Nach tagelangen Verhören gesteht er das, was die Polizisten schon lange vermutet haben, nämlich, daß er menschliches Fleisch für sein Delikatessen verwendet. Wong Chi Hang will aber auf keinen Fall ins Gefängnis, sonern er bietet den Beamten eine andere Lösung an...
Mit "Untold Story" hat Regisseur Herman Yau einen extrem kontroversen Film geschaffen, der so ziemlich mit jedem Tabu bricht."The Untold Story", mit dem interessanten Originaltitel "Baat sin faan dim ji yan yuk cha siu baau", ist ein merkwürdiger Film und ihm eilt sein Ruf als einer der härtesten Filme aus Hongkong voraus. Und tatsächlich: Was hier an Brutalität gezeigt und angedeutet wird, ist nicht leicht zu verdauen. Sowohl die Szenen, in denen Wong durchdreht, als auch der Abschnitt im Gefängnis, verbunden mit den Verhörmethoden der Polizei stellen so manches in den Schatten, was man bisher an Gewalt gesehen haben mag. Auch wenn viele Effekte im Off passieren, ist der Film absolut nichts für schwache Nerven. Vielleicht wirkt aus heutiger Sicht einiges nicht mehr so hart, aber zu Anfang der 90er sah das wohl noch anders aus. Das soll aber auch nicht heißen, dass der Film harmlos ist. Auch Kannibalismus und Kindsmord werden hier thematisiert und gezeigt, was zu wirklich unangenehmen Momenten führt. Doch gleichzeitig inszeniert "The Untold Story" Gewalt nicht rein um der Gewalt willen bzw. des Tabubruchs wegen. Wong hat nichts Heroisierendes, er ist tatsächlich ein Monster in Menschengestalt. Insofern funktioniert "The Untold Story" auch wirklich gut, wo er sich als Serienkillerfilm versucht. Man versucht die Psyche des gestörten Mörders zu verbildlichen, man arbeitet mit Suspense-Passagen, wenn eine todgeweihte Kassiererin versucht das Restaurant nach Ladenschluss zu verlassen usw. Durch die unterkühlte Bildsprache des Films kann "The Untold Story" hier einige Überzeugungskraft aufbauen, auch wenn der Härtegrad vielleicht etwas zu weit geht.
Leider zeichnet "The Untold Story" nicht nur die Geschichte des Mörders nach, sondern auch die Ermittlungen und hier driftet das Geschehen in seltsamen, teilweise einfach unpassend Klamauk ab. Die Polizisten spielen lieber Brettspiele als in Mordfällen zu ermitteln, der Chef hat bei jedem Auftritt eine neue, leichtbekleidete Dame dabei und die weibliche Polizistin möchte unbedingt dem Boss imponieren. Das mündet in grober Komik, die jedoch selten witzig ist und gleichzeitig einen äußerst unschönen Kontrast zu dem ernsten Serienkillergeschehen abgibt. Selbst der Ansatz, dass der Psychopath quasi die Beweise zum kannibalistischen Verspeisen an die Gesellschaft gibt (in Form von Menschenhackfleisch) geht in der unpassend humoristischen Ausschlachtung des Ganzen unter. Problematisch wird es dann auch bei der gleichzeitig intendierten Kritik des Polizeiapparates. Die Cops sind nicht nur zum Großteil unfähig, sie müssen schließlich auch auf extreme Gewalt zurückgreifen, um Geständnisse und Informationen erhalten. Leider schwankt dies zwischen sich wiederholenden, unfreiwillig komisch wirkenden Prügelszenen und wirklich interessanter Kritik: Inwieweit heiligt der Zweck die Mittel? Inwieweit treiben die Polizisten den Mörder zum Äußersten? Welche Rechte hat der Killer noch, welche hat er verwirkt? Dass "The Untold Story" trotz seiner Mängel noch Überzeugungskraft aufzuweisen hat, liegt vor allem an dem Spiel Anthony Wongs, der den Psychopathen absolut eingängig verkörpert und zurecht dafür ausgezeichnet wurde. Er gibt das Porträt eines egoistischen Serienmörders wieder, der Töten zum eigenen Vorteil mit cholerischen Anfällen und einem gewissen Sadismus paart. Durch die unglaubliche Performance von Wong, der hier einmal mehr den Geisteskranken mimt, gewinnt "The Untold Story" noch zusätzlich an Intensität. Er ist abstoßend und faszinierend zugleich. Co-Regisseur Danny Lee als Chefinspektor ist ebenfalls ganz gut, der Rest der Besetzung chargiert teilweise zu sehr – was allerdings auch dem Klamauk-Charakter des Scripts geschuldet ist.
"The Untold Story" ist ein interessanter Film, den man nicht allein auf seine Gewalt reduzieren sollte - es steckt im Gegensatz zu so manchem Pseudo-Tabubruch eine Idee dahinter. Leider wird die Serienmördergeschichte mit ihrer intendierten Kritik am staatlicher Gewalt immer wieder durch unpassenden Humor und überzeichnet inszenierte Polizeifiguren gestört, wodurch "The Untold Story" leider Potential verschwendet.
7/10
Von KOCH Films erschien der Film im limitierten Mediabook. Dieses beinhaltet den ungeschnittenen Film auf Blu-ray und DVD, sowie jede Menge Bonusmaterial.
Quellen:
Inhaltsangabe: Koch Films
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen