http://www.imdb.com/title/tt2582782/
Der geschiedene, zweifache Vater Toby Howard (Chris Pine) und sein
frisch aus dem Gefängnis entlassener Bruder Tanner (Ben Foster)
versuchen verzweifelt, die Familienfarm im Westen von Texas zu retten.
Ihre verstorbene Mutter hinterließ das Anwesen mit erheblichen Schulden
bei der Bank, die sie nicht mehr begleichen konnte und weshalb der
Zwangsverkauf droht. Die Brüder Howard schrecken auch vor Straftaten
nicht zurück, wollen mehrere Banken überfallen, um mit dem erbeuteten
Geld zu verhindern, dass ihr Heim und die dazugehörigen Ländereien
zurück an den Staat gehen. Allerdings kommen ihnen schnell der Texas
Ranger Marcus Hamilton (Jeff Bridges) und sein Partner Alberto (Gil Birmingham)
auf die Spur und eröffnen die Jagd. Geschnappt zu werden, ist für Toby
und Tanner jedoch keine akzeptable Option...
Es gibt eine Szene in "Hell Or
High Water", die sehr schön zeigt, welche Themen der Film von Regisseur
David Mackenzie unter seiner Oberfläche aus Neo-Western und Heist-Movie
noch verhandelt. Dort, wo das scheinbar endlose Land grenzenlos wirkt,
brennt ein gewaltiges Steppenfeuer und die letzten Cowboys dieser Region
treiben ihre Viehherde vor dem Feuer her.
"21st century, I'm racing a
fire to the river with a herd of cattle. And I wonder why my kids won't
do this shit for a living" wird einer dieser Cowboys sagen und er trifft
damit den Nagel auf den Kopf.
Die gute alte Zeit ist vorbei und die
amerikanische Arbeiterklasse ist zum Auslaufmodell verkommen. Und auch
wenn Hollywood nur zu gern diese Working Class rein zweckdienlich immer
genau dort als Platzhalter verwendet wo es gerade nötig ist und sie als
stereotypes Milieu benutzt werden kann, erliegt David Mackenzie dieser
allzu simplen wie durchschaubaren Denkweise nicht. Stattdessen wirft er
einen eher empathischen Blick sowohl auf die Howard-Brüder (Chris Pine und Ben Foster) als auch auf
ihre Verfolger und positioniert sie spiegelbildartig zueinander. Auch
Marshall Hamilton (Jeff Bridges) ist genauso ein Relikt dieser guten alten Zeit wie die
beiden Brüder Toby und Tanner. Die Methoden dieses Archetypen des
texanischen Gesetzeshüters sind in der modernen Gesellschaft schon
längst ebenso aus der Mode gekommen wie sein rassistischer Humor. Er
wirkt deplatziert und aus der Zeit gefallen, ein wandelnder
Anachronismus, den der rasante Wandel der Welt schon längst überholt und
hinter sich gelassen hat. Und so erzählt "Hell Or High Water" neben
seiner eigentlichen Geschichte auch vom Niedergang eines einst sehr
produktiven Landstriches und vom Konflikt zwischen Vergangenheit und
Gegenwart. Die Abgehängten schlagen zurück. Insofern weist der Film
durchaus auch Parallelen zu Werken wie "
Killing Them Softly", "
The Place Beyond The Pines", "Killer Joe" und ähnlichen White Trash-Crime/Dramen auf,
verschleiert sie nur ein wenig durch den Staub und Dreck unter der
brennenden Sonne in Texas.
Das Drehbuch von Taylor Sheridan, der als Autor bereits für "
Sicario"
von Denis Villeneuve verantwortlich war, erzählt seinen Plot sehr
langsam vor sich hin köchelnd, steigert seine Spannung aber stetig und
treibt seine Handlungsstränge und Figuren auf ein dramatisches Finale
zu. Bald schon wird deutlich, dass nicht für jeden diese Geschichte gut
wird ausgehen können und dennoch machen alle Beteiligten weiter, weil
sie gar nicht mehr anders können und weil sie nichts anderes kennen.
Atmosphärisch ist das alles ungemein dicht inszeniert, drückend wie die
staubige Hitze von Texas, und Kameramann Giles Nuttgens fasst das alles
in wunderbare Bilder dieser scheinbar endlosen Weite der texanischen
Landschaft. Und die darstellerischen Leistungen von Chris Pine als eher
introvertierte Toby (der eine großartige Performance abliefert), Ben Foster als immer nah am Tobsuchtsanfall vorbei
schrammender und unberechenbarer Tanner und vor allem Jeff Bridges als
US-Marshall Marcus Hamilton sind allesamt phantastisch. Auch der tolle
Score aus der Feder von Nick Cave und Warren Ellis passt ganz hervorragend
und unterstreicht gekonnt die brütende Atmosphäre ohne sich zu sehr in
den Vordergrund zu drängen.
Bei "Hell Or High Water" ist das Gesamtpaket
in sich stimmig und beschert dem geneigeten Zuschauer einen toll erzählten, geradlinig, aber
dennoch wunderschön inszenierten Film voller authentischer Figuren,
angetrieben durch nachvollziehbare Motivationen und versehen mit
sinnvollen Handlungen. David Mackenzie gelingt es tatsächlich, diesen
vordergründig eher kleinen Thriller zwischen Neo-Western und Heist-Movie
mit einer zärtlichen Melancholie aufzuladen und unterschwellig noch
viel komplexere Themen anzusprechen und so größer werden zu lassen, als
man es anfänglich vermuten würde.
8/10
"21st century, I'm racing a fire to the river with a herd of cattle. And I wonder why my kids won't do this shit for a living" wird einer dieser Cowboys sagen und er trifft damit den Nagel auf den Kopf.
Bei "Hell Or High Water" ist das Gesamtpaket in sich stimmig und beschert dem geneigeten Zuschauer einen toll erzählten, geradlinig, aber dennoch wunderschön inszenierten Film voller authentischer Figuren, angetrieben durch nachvollziehbare Motivationen und versehen mit sinnvollen Handlungen. David Mackenzie gelingt es tatsächlich, diesen vordergründig eher kleinen Thriller zwischen Neo-Western und Heist-Movie mit einer zärtlichen Melancholie aufzuladen und unterschwellig noch viel komplexere Themen anzusprechen und so größer werden zu lassen, als man es anfänglich vermuten würde.
8/10