Montag, 9. September 2019

Bomb City (2017)

https://www.imdb.com/title/tt4351548/

Texas, 1997: Der leidenschaftliche Punkmusiker Brian Deneke (Dave Davis) und seine Band veranstalten regelmäßig Konzerte. In der „Bomb City“ Amarillo fühlen sie sich mittlerweile wie zu Hause und feiern hier ihren antiautoritären Lebensstil, womit sie die höchst konservative Bevölkerung jedoch verägern und schnell gegen sich aufbringen. Immer häufiger sehen sich die Punks mit Intoleranz konfrontiert. An vorderster Front wettert dabei der beliebte Highschool-Athlet Cody (Luke Shelton) gegen sie, der die Außenseiter am liebsten sofort aus seiner Stadt vertreiben würde. Doch es bleibt nicht beim verbalen Schlagabtausch: Als die Punks und die Sportler eines Tages gewaltsam aneinandergeraten, kochen die Emotionen über, bis es ein Todesopfer zu beklagen gibt. Wer Opfer und wer Täter ist, darüber ist man sich in der Kleinstadt schnell einig und die Einwohner halten gegen Brian und seine Clique fest zusammen. So kommt es zu einem folgenschweren Gerichtsprozess, der in die US-amerikanische Justizgeschichte eingehen wird…

Wer eine ausgewogene Gewaltstudie erwartet, die ausleuchtet, wie und warum Auseinandersetzungen zwischen jugendliche Subkulturen in amerikanischen Kleinstädten blutig eskalieren können, der dürfte von "Bomb City " enttäuscht werden. Stattdessen geht es Schreiber und Regiedebütant Jameson Brooks in erster Linie um eine Rehabilitierung des vollkommen realen Todesopfers, das infolge einer eskalierenden Auseinandersetzung zwischen örtlichen Rich Kids und Punks im texanischen Kaff Amarillo 1997 sein Leben lassen musst. Das ist überzeugend gespielt und authentisch roh inszeniert, aber mitunter auch ziemlich zäh und manchmal zu klischeehaft geschrieben. So wirkt dann auch vor allem die Darstellung der beiden jugendlichen Subkulturen, aber auch der lokalen Einsatzkräfte und Justizbeamten. Da sich die Story eng an die bekannten Fakten des Fall hält, entsteht quasi eine 60 minütige Exposition der Figuren ohne merklichen Handlungsfortschritt, der dann in der tödliche Gewaltorgie mündet.

Der einzige wirklich gelungene narrative Kniff in diesem Kontext sind die Zwischenschnitte auf die anschließenden Gerichtsverhandlung. Hier bleibt für jene Zuschauer, die mit der realen Vorgängen nicht vertraut sind, lange unklar, welche Seite am Ende den Toten zu beklagen hat. Diese stellenweise ungeheuerliche Art von Victim-Blaming (das übrigens in der Realität ziemlich exakt so stattgefunden hat), macht den moralischen Zeigefinger der Macher zumindest nachvollziehbar. Damit erliegen die Macher dem verständlichen und naheliegenden Drang, dem Opfer nachträglich Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Das geht allerdings zu Lasten einer ausgewogenen Charakterisierung. Statt moralischer Grauzonen und offenen Fragen gibt es eine fast unangenehme Ausbuchstabierung von Freund und Feind: Hier die guten Punks, die Kunstprojekte anschieben, sich von bösen Polizisten foltern lassen müssen, ihre Eltern lieben und Hundebabys streicheln. Dort die homophoben, aggressiven, vorurteilsbeladenen Footballer, die saufen, ihre Mädels erniedrigen und dicke Autos als Schwanzersatz fahren. Das ist, zumal für einen Indiefilm, der durchaus ambivalent sein kann, einfach ein bisschen zu wenig. 

"Bomb City" ist unterm Strich ein effektiver Film der jedoch irgendwann zu sehr in Schwarz/Weiß-Malerei verfällt. Punks sind die charismatischen Anarchos, die Rich Kids die Bullies. Nur in der Anfangsszene, in der eine Punk-Pogo-Party mit einem Footballspiel verschmilzt deutet der Film sein Potenzial an. Auch wenn das Drama vor dem Hintergrund realer Ereignisse handelt, so kann man davon ausgehen, dass hier vieles überspitzt wurde und längst nicht alles so abgelaufen ist wie hier geschildert. Das ändert jedoch nichts an der Aussage, denn in der Vorurteilgeprägten Welt ist die Vorstellung dessen, was hier passiert, greifbar und damit jederzeit real. Ein großer, wahrer Kern steckt also in diesem Film, den man nicht ignorieren sollte. So konterkariert "Bomb City" aber sein abschließende Plädoyer für Toleranz und Unvoreingenommenheit gegenüber Menschen, die anders aussehen und denken.

7/10

Von INDEED FILM erschien der Film im limitierten Mediabook.
 

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