Ivy (Olivia Colman) und Theo (Benedict Cumberbatch) führen ein scheinbar perfektes Leben, wie es in so vielen Bilderbüchern zu stehen scheint: Sie genießen nicht nur alle Annehmlichkeiten, die mit erfolgreichen Karrieren eben einhergehen, sondern obendrein auch noch eine harmonische Ehe und eine glückliche Familie – so scheint es jedenfalls. Doch wie es nun mal so ist, trügt der Schein auch hier gehörig. Denn als die beiden sozusagen die Rollen tauschen – Theos berufliche Laufbahn erleidet plötzlich einen herben Rückschlag, während Ivys Karriere einen unerwarteten Aufschwung erfährt – wird schnell klar, dass von der einstigen Harmonie nicht mehr lange viel übrig bleiben wird. Es entbrennt ein hitziger Konflikt zwischen den beiden, geprägt von wachsendem Konkurrenzdenken, verdrängten und deshalb ungelösten Spannungen sowie unterschiedlichen Wertevorstellungen. Und schon bald werfen sich die beiden gegenseitig nicht mehr nur Worte an den Kopf...
"Die Rosenschlacht" ist weniger ein simples Remake von "Der Rosenkrieg“ als eine bewusste Neujustierung desselben Stoffes für eine Gegenwart, in der Ehe, Status und Öffentlichkeit anders verhandelt werden, aber die menschliche Kränkung erstaunlich gleich geblieben ist. Tony McNamaras Drehbuch und Jay Roachs Regie nehmen den Kern der Vorlage - wie sich zwei einst Liebende beim Kampf um ihr Leben und ihr Haus bis zur Selbstzerstörung zerfleischen - und schieben ihn vom bonbonbunt-überdrehten 80er-Jahre-Märchen in eine britisch gefärbte, schärfer beobachtete Tragikomödie, die weniger schreit, aber präziser sticht.
In Danny DeVitos "Der Rosenkrieg“ von 1989 war alles auf Eskalation angelegt: Michael Douglas und Kathleen Turner steigerten sich, angefeuert von DeVitos zynischem Erzähler-Anwalt, zu einer Oper der Niedertracht, in der das Traumhaus zum Schlachtfeld und der Hund zur makabren Pastete wurde - eine schwarze Komödie, die im Crescendo der Bosheiten fast in den Horror kippte und am Ende mit einem deutlich moralischen Unterton vor dem totalen Egoismus warnte. "Die Rosenschlacht" setzt an der gleichen literarischen Vorlage an, aber dreht an entscheidenden Schrauben: Die Boshaftigkeit bleibt, doch ein Großteil der brutalsten, fast cartoonesken Gemeinheiten wird zugunsten psychologisch plausibler Demütigungen und moderner Konfliktfelder abgemildert. Themen wie Karriereungleichgewicht, Social-Media-Öffentlichkeit, heutige Geschlechterrollen und der permanente Leistungsdruck einer urbanen Mittelschicht treten an die Stelle der Satire.Das Herzstück dieser Neuinterpretation sind Olivia Colman und Benedict Cumberbatch, die Ivy und Theo Rose nicht als bloße Karikaturen eines "Ehekrach-Paares" spielen, sondern als Menschen, deren Zuneigung glaubhaft über Jahre gewachsen ist - um dann ebenso glaubhaft zu verrohen. Kritiken heben hervor, wie sorgfältig der Film in der ersten Hälfte die Harmonie, die kleinen Insider-Witze, die stillen Kompromisse dieses Paares aufbaut, bevor er Stein für Stein diese Fassade demontiert. Wo Douglas/Turner schon früh wie zwei Naturgewalten wirkten, die nur auf den richtigen Blitz warten, entfremden sich Colman und Cumberbatch Schritt für Schritt: Theos beruflicher Absturz, Ivys Karriereaufstieg, verletzte Eitelkeit, unausgesprochene Ressentiments - bis aus genervter Distanz blanke Verachtung wird. In dieser Langsamkeit liegt der vielleicht größte Unterschied zum Original: Der neue Film will zeigen, wie ein Rosenkrieg beginnt, nicht nur, wie er eskaliert.
Jay Roach ist als Regisseur eigentlich für mainstreamtaugliche Komödien bekannt, und man spürt manchmal, wie sein Glaube an das Gute im Menschen die radikale Bösartigkeit des Stoffs zähmt. Während DeVito sein Paar kompromisslos in den Abgrund rutschen ließ, gönnt "Die Rosenschlacht" seinen Figuren öfter Momente der Reflexion, sogar so etwas wie Scham - was manche Kritiken als Verrat am gnadenlosen Witz des Originals empfinden, andere aber als angemessen für eine Zeit lesen, in der Empathie und psychische Verletzlichkeit stärker im Diskurs stehen. Der Film ist bösartig genug, um weh zu tun, aber selten so nihilistisch, dass man sich vollständig von Ivy und Theo abwendet; die Klinge schneidet, aber sie seziert eher, als dass sie nur hackt. Das passt zu McNamara, der bereits in "The Favourite" und "Poor Things" gezeigt hat, wie sich abgründiger Humor und genuine Anteilnahme nicht ausschließen müssen.Formell bewegt sich "Die Rosenschlacht" zwischen klassischer Dialogkomödie und präzise gesetztem Slapstick. Lediglich in der zweiten Hälfte kreist der Film etwas zu lange in der Spirale aus Streits, Demütigungen und kleinen Sabotageakten und kippt im Finale stärker ins Klamaukige, näher am Ton der alten Verfilmung, als es der zurückhaltendere Aufbau vermuten ließ. Gleichzeitig gilt das Ensemble - mit Nebenfiguren wie Andy Samberg, Kate McKinnon oder Jamie Demetriou - als klare Stärke, weil sie dem Film regelmäßig Energie und Perspektive injizieren: Anwälte, Freunde, Kolleginnen werden zu Chorfiguren einer Gesellschaft, die den eskalierenden Rosenkrieg zugleich fasziniert beobachtet und mit ihren eigenen Erwartungen an "das perfekte Paar" befeuert.In einem aktuellen Kontext gelesen, wirkt "Die Rosenschlacht" wie eine bitterkomische Diagnose dessen, was von der bürgerlichen Ehe übrig bleibt, wenn die Idee von Gleichberechtigung, Selbstverwirklichung und öffentlicher Selbstinszenierung mit dem alten Wunsch nach Besitz, Kontrolle und exklusiver Zweisamkeit kollidiert. Der Film spiegelt eine Zeit, in der Scheidungen öffentlich verhandelt, Karrieren über Instagram und LinkedIn ausgetragen und private Katastrophen von außen kommentiert werden - und fragt, ob der Begriff "Rosenkrieg" heute nicht ebenso sehr eine Auseinandersetzung mit dem Publikum wie mit dem Partner meint. Gegenüber DeVitos "Der Rosenkrieg“, der seine moralische Pointe noch recht eindeutig setzte, erlaubt sich "Die Rosenschlacht" mehr Ambivalenz: Man lacht, man zuckt zusammen, und man ist sich am Ende weniger sicher, ob die Lehre lautet "mach es nie so" oder eher "so nah sind wir selbst an dieser Klippe". In dieser Unschärfe liegt seine Modernität - und seine Reibung mit einem Klassiker, der in seiner Bosheit bis heute ungebrochen wirkt.




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