Sonntag, 12. Oktober 2025

TRON: Ares (2025)

https://www.imdb.com/de/title/tt6604188/

Vor Jahrzehnten hatte der Videospielentwickler Kevin Flynn (Jeff Bridges) eine Technologie entwickelt, die es ihm ermöglichte, in digitale Welten abzutauchen, in denen Daten mit Raumschiffen und anderen Gefährten transportiert werden sowie Programme in menschlicher Gestalt agieren. Nun verspricht sich der junge Konzernchef Julian Dillinger (Evan Peters), Enkel von Flynns einstigem Rivalen Ed Dillinger, vom umgekehrten Weg aber noch viel mehr: Er möchte intelligente Computerprogramme in die echte Welt holen, um sie dort als entbehrliche Soldat*innen lukrativ in Umlauf zu bringen. Sein Vorzeigemodell ist der digitale Elitesoldat Ares (Jared Leto), der zur Zeit aber nur 29 Minuten lang in der echten Welt existieren kann, bevor er zerfällt. Die notwendige Technologie für einen permanenten Transfer wurde einst von Flynn entwickelt und befindet sich nun in den Händen seiner Nachfolgerin Eve Kim (Great Lee), weshalb Dillinger Ares auf sie ansetzt.

"TRON: Ares" ist, nachdem 1982 das bahnbrechende Original das Licht der Welt erblickte, die mit Opulenz und dunklem Neonlicht aufgetischte, dritte Reise ins digitale Universum, die gerade beim Übergang der alten Franchise-Strukturen zur modernen Sci-Fi-Großerzählung zwischen Bewunderung und Verdruss schwankt und dabei gemischte Gefühle auslöst. Die Story beginnt mit der aufgeladenen Konvergenz von Digitalität und Realität und verlegt die Handlung erstmals überwiegend in die reale Welt, wo der von Jared Leto verkörperte titelgebende Ares, ein hochentwickeltes KI-Programm, der Obrigkeit als neue militärische Waffe vorgestellt wird. Das ist ein neuer Ansatz, denn während die beiden vorherigen Filme, das "TRON" und "TRON: Legacy" aus dem Jahr 2010, mit klaren digitalen Welten und einer starken Dualität zwischen menschlicher und programmierten Existenz arbeiteten, verschiebt "TRON: Ares" das Zentrum in eine düstere, neonbeleuchtete Metropole, die in einem futuristisch-industriellen Look dargestellt wird. Doch die Sache hat einen Haken: Der CEO von Dillinger Systems, die Erschaffer der KI, verschweigen, dass die digital erstellten Assets nur 29 Minuten in der realen Welt existieren können, bevor sich ihr Code in der realen Welt auflöst. Die dem Zuschauer bekannte Firma ENCOM ist derweil nicht mit der Entwicklung von Waffen beschäftigt, sondern sucht nach Möglichkeiten der Weiterentwicklung und nach Persistenz, sodass digital erstellte Objekte permanent in der realen Welt existieren können. Gut und Böse sind also recht klar abgesteckt und was beide Firmen wollen ist auch glasklar - es ist ein technologischer Sprung nach vorn für die Serie, aber auch eine Zäsur, denn "Tron: Ares" fühlt sich mehr wie ein Reboot an, statt einer konsequenten Fortsetzung von "TRON: Legacy". 


Die philosophische Tiefe der erstgenannten Filme wird somit zugunsten eines actiongeladenen Thrillers mit KI-Gewissenskonflikt reduziert, was sowohl die Narrative entfremdet als auch frischen Wind bringt. Trotzdem fehlt dabei beinahe jeder Bezug zu den vertrauten Figuren, abgesehen von Jeff Bridges' Kurzauftritt als 80er-Jahre Erinnerungsmoment, sodass Nostalgiker immerhin einen Anknüpfungspunkt serviert bekommen. Ein Lächeln treibt dabei der alles überlagernde, intensive Score von Nine Inch Nails und die Musikauswahl von Trent Reznor und Atticus Ross ins Gesicht, die zusammen mit Boys Noize und Depeche Mode immer den richtigen Ton zur richtigen Zeit treffen.

Kameramann Jeff Cronenweth, bekannt für seine Arbeit an "Fight Club" und "The Social Network", vermischt in "TRON: Ares" einen rauen Realismus mit hyperglattem Digitaldesign, was der neonbeleuchteten Cityscape eine beeindruckende räumliche Tiefe und Lebendigkeit verleiht. Diese Kameraführung, teils robotisch und maschinell anmutend, spiegelt die mechanische, kontrollierte Identität von "TRON: Ares" wider und erzeugt ein Gefühl, als ob ein Programm ein anderes filmt. Im Vergleich zum Original von 1982, das die existenzielle Suche im digitalen Limbo fast spirituell überhöht und als Pionier der CGI-Ära Maßstäbe setzte, wie auch zu "TRON: Legacy", das das Vater-Sohn-Drama in der leuchtenden Cyberwelt nuanciert fortführte und Erinnerungszitate für die Fangemeinde kreierte, erscheint "TRON: Ares" seltsam austauschbar. Die Action in der realen Welt nivelliert die brisante Andersartigkeit des Digitalen, verkompliziert die Regeln, ohne sie konsequent zu erklären, und verschenkt die innere Logik der Franchise-Mythologie an den Zeitgeist, in dem KI-Kritik und Militärfantasien allgegenwärtig sind. 


Doch während die Ästhetik und der Score die Sinne überwältigen, kämpft das Storytelling an mehreren Fronten mit Altlasten: Weder die philosophische Klarheit noch die spielerische Strenge der Ursprungs-Dichotomie aus Leben, Tod und Code werden aufrechterhalten. Die konzeptionelle Verschiebung von der digitalen zur realen Welt macht durchaus Spaß, gerade in Verbindung mit der bestechenden Bildsprache und dem Score, doch schmerzhaft spürbar bleibt, wie wenig der Film es schafft, einen Stringenten mythischen Zusammenhang zu bewahren.

Jared Leto, vielfach als Franchise-Todesengel verschrien, lässt auch hier nur wenig von sich erkennen außer der bekannten, seelenlosen Perfektion, mit der er bereits "Morbius" und andere Projekte in den Sumpf gezogen hat; sein Ares bleibt Stimmungskatalysator statt Figur, funktional inszeniert, aber ohne Charisma und menschliche Tiefe. Sein Ares verlässt als scheinbar empathiebegabtes Programm die Grid-Sphäre und verweigert Befehle, als sein Auftrag die Ermordung von ENCOM-CEO Eve Kim (Greta Lee) verlangt - ein etwas zu klassisches KI-Gewissensmotiv, das die Story mit keinerlei Tiefe versieht, wohl aber Raum für beeindruckende Actionszenen und visuelle Eskapaden schafft, in denen neue, aufgepeppte Lightcycles durch die vibrierende Metropole rasen, während die Szenen musikalisch mit metallisch-nüchterner Wucht unterlegt werden. 
 

Letztlich ist "TRON: Ares" ein Film, der einen trotz aller Defizite unterhält. Es ist die altbekannte Story, Gut gegen Böse und ein Böser, der seine Taten im Sinne der Story und der Erwartungen des Zuschauers einschätzt und sich gegen seinen Schöpfer wendet, nur um später auf der Seite der Guten gegen den Böen zu kämpfen. "TRON: Ares" ist damit einerseits zwar ein gelungener Augen- und Ohrenschmaus, mit dem Herzensfeuer der alten Filme kann das Update jedoch kaum Kontakt aufnehmen - er bleibt ein mittelmäßig bis guter Eintrag für Newcomer, ein zwiespältiges Erlebnis für die Fans der ersten Stunde, und ein weiteres Beispiel dafür, wie Jared Leto ein Franchise nicht unbedingt ruiniert, aber auch nicht retten kann.

6,5/10

Quellen:
Inhaltsangabe: Filmstarts
Poster/Artwork: Disney/Paradox

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