Donnerstag, 11. Oktober 2018

George A. Romero's Diary Of The Dead - Diary Of The Dead (2007)

https://www.imdb.com/title/tt0848557/

Eine Gruppe Filmstudenten um Regisseur Jason (Joshua Close) und dessen Freundin Debra (Michelle Morgan) dreht in den Wäldern Pennsylvanias gerade einen Horrorfilm, als der höchst reale Horror losbricht - im Radio werden erste Meldungen von wiederauferstehenden Toten bekanntgegeben. Während die Untoten sich über den gesamten Globus ausbreiten und die Studententruppe versucht, bis zu ihren gut 100 Meilen entfernten Familien und Freunden durchzukommen, beschließt Jason, angestachelt von der unvollständigen und vertuschenden Berichterstattung der Massenmedien, die schrecklichen Geschehnisse mit seiner Kamera aufzuzeichnen und online zu stellen...

"Diary Of The Dead" baut nicht auf seinen Vorgängern auf, sondern ist von George A. Romero als Neustart gedacht. Folglich spielt er zu Beginn einer Zombie-Invasion. Während "Land Of The Dead" noch als theoretische Weiterführung der Geschehnisse, oder zumindest als relativ zeitgleiche Parallelhandlung von "Day Of The Dead" zu verstehen war – einem Zeugnis der gesellschaftlichen Struktur nach der Machtergreifung des lebenden Todes, das die Menschen in der Rolle der bedrohte Minderheit auf ihr Klassen- und Machtschichten reduziert als hässliche, egoistische und brutale Spezies entlarvte -, setzt "Diary Of The Dead" den Zeiger zurück auf Null, zumindest fast. Er schildert erneut das plötzliche Aufkeimen einer unbegreiflichen Epidemie, die innerhalb kürzester Zeit für Chaos, Tod und Anarchie sorgt. Inhaltlich somit eher an Romeros Prunk- und Mittelstück "Dawn Of The Dead" angelehnt, sowie von seiner aktuellen Kritik, die bei "Land Of The Dead" eher allgemeingültig, zeitlos angesiedelt war, in praktisch jeder Menschheitsepoche spielen und funktionieren könnte. Klassendenken, die Unterjochung und Ausbeutung des Pöbels durch die Wohlhabenden, gab es immer und wird es immer geben.

Mit "Diary Of The Dead" findet Romeros Weltuntergangsphantasie im Zeitalter der neuen Medien, der digitalen, vernetzten Generation YouTube statt. Sie startet bewusst von vorne, ein Reboot, das alten Wein in neuen Schläuchen serviert. Im Found Footage-Stil, dem oft und gerne verwendeten Wackel-Dackel der Low-Budget-Schule. Daran muss man sich als Kenner und Fan der klassischen Romero-Filme erst stark gewöhnen, die Wahl der Waffe erscheint im inhaltlichen Kontext durchaus sinnvoll und konsequent. Was bei "The Blair Witch Project" funktionierte - die angebliche Authenzität der Ereignisse vorzutäuschen - klappt beim aufgeklärten Zuschauer nicht unendlich. Die Wackelkamera nervt inzwischen nämlich gewaltig. Dann lieber der gute, alte Verweis "basiert auf tatsächlichen Geschehnissen" und eine entspannte Kameraführung. Aber für einen Found Footage-Film ist "Diary Of The Dead" immerhin schön augenfreundlich, ein Mittendrin-Gefühl, einen vorgegaukelten Realismus der Aufnahmen erzeugt Romero dabei nicht wirklich. Da ist nie etwas unscharf, immer gut ausgeleuchtet, die Bewegungen nie zu hektisch, das fühlt sich keinesfalls echt an.

"Diary Of The Dead" ist lange nicht richtig spannend, wiederholt das Schema seiner Vorgänger und setzt gelegentlich auf simple, dabei nicht mal besonders effektive Jump Scares. Es beschleicht einen schnell das ungute Gefühl, das Romero nur mal etwas Aktuelles machen wollte, ohne das entsprechend umsetzen zu können oder auf sein eigenen Stärken zu bauen. Mal abgesehen von den wunderbaren Effekten, da gibt sich auch ein moderner Romero keine digital-unangenehme Blöße. Doch schon in die suboptimale erste Hälfte schleichen sich immer wieder kluge, differenziert betrachtete Momente ein, die schon verdeutlichen, auf was dieser Film letztlich hinsteuert. Auf die erfolgende Abstumpfung, wenn man eine Welt nur "distanziert" durch Glas betrachtet, auch wenn sie faktisch um einen herum gerade zu Grunde geht. Selbstdarstellung steht über Selbsterhaltung, völlig verrückt und dennoch traurige Wahrheit. Statt die Chance zu ergreifen, mit den eventuell noch lebenden Liebsten zu kommunizieren, wird das frische Bildmaterial hochgeladen, alles (natürlich) im Sinne der unverfälschten Berichterstattung. Die Werte haben sich in eine obskure Richtung verschoben. Schon lange vorher, nur im Angesicht der Apokalypse werden sie erst ad absurdum geführt. Das mündet letztlich doch noch in ein hervorragendes Finale, welches von der Intensität und Wirkung den früheren Werken der Reihe würdig ist, auch wenn damit kaum noch zu rechnen war.

Und plötzlich ist es wieder da, dieses Romero-Gefühl. Der Weg dahin war nicht ohne Stolpersteine, lässt sich nicht gänzlich schön reden, aber am Ende findet er wieder in die Spur. Nicht sein bester, dennoch ein nicht unwürdiger Film, der seine wahren Qualitäten erst spät vollends entfaltet. Besser spät als nie.

6/10

Von NAMELESS Media kommt der Film in HD im auf 444 Stück limitierten Mediabook:

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