https://www.imdb.com/title/tt0095250/
Jacques (Jean-Marc Barr) und Enzo (Jean Reno) wachsen gemeinsam auf
einer griechischen Insel auf und interessierten sich bereits von
Kindesbeinen auf ungemein für das Tauchen. Als Jacques Vater, ein
Schwammtaucher, bei seiner gefährlichen Arbeit ums Leben kommt, verlässt
er traumatisiert das Land. Erst viele Jahre später begegnen sich die
beiden Jugendfreunde wieder. Während Jacques seine ungewöhnlichen
Fähigkeiten für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellte, ist Enzo
inzwischen Weltmeister im so genannten Apnoetauchen, einer sehr
riskanten Methode ohne jegliche Gerätschaften. Da die nächste
Weltmeisterschaft an der Ostküste Siziliens kurz bevor steht, fordert
Enzo Jacques heraus. Das Wettauchen entwickelt sich zu einem packenden
Duell, von dessen fatalen Folgen zu diesem Zeitpunkt keiner der
Beteiligten etwas ahnt...
Ein wunderschöner Bilderrausch.
Luc Bessons vierte Regiearbeit war der Film, mit dem ihm der
internationale Durchbruch gelang. Hiermit erfüllte er sich gleichzeitig
einen Traum, denn anfangs wollte er selbst Meeresbiologe und Taucher
werden (seine Eltern hatten schon als Tauchlehrer gearbeitet), was aber
ein Unfall unmöglich machte. Hiermit gelang es ihm aber, seine
Leidenschaft auf Film zu bannen. Das Drehbuch hatte er dabei schon als
Jugendlicher geschrieben und konnte es nun als fast Dreißigjähriger nach
seinen Vorstellungen umsetzen. "Im Rausch Der Tiefe" bzw. "Le Grand Bleu", basiert dabei auf wahren
Begebenheiten. Zugrunde lag die tatsächliche Rivalität der beiden
Apnoetaucher Jacques Mayol (der auch als technischer Berater beim Film
mitwirkte) und Enzo Maiorca, deren Vornamen auch die Hauptpersonen hier
tragen, die sich in den 60er Jahren gegenseitig die Rekorde abjagten. Der Film vermittelt jedenfalls sehr gut das Gefühl unter Wasser.
Herzstück des Werkes sind die beeindruckenden Tauchszenen, bei denen
sich die beiden Hauptdarsteller nicht doubeln ließen, sondern
tatsächlich ohne Atemgeräte in nicht ungefährliche Tiefen begaben (wenn
auch in Wirklichkeit bei weitem nicht in so extreme wie im Film
suggeriert). Von poetischer Schönheit sind die Aufnahmen der Delfine, zu
denen sich der Protagonist Jacques sehr verbunden fühlt.
Vor allem lebt der Film auch von seinen Charakteren. Die
freundschaftliche Rivalität zwischen den beiden gegensätzlichen
Hauptfiguren (Enzo ist geschwätzig, aufbrausend und angeberisch, Jacques
dagegen eher schüchtern, schweigsam und nachdenklich) wirkt immer
glaubhaft und geht zu Herzen. Die in die Handlung geflochtene
Liebesgeschichte von Jacques zur tollpatschigen Versicherungsvertreterin
Johana kommt zu keiner Zeit aufgezwungen rüber.
Besonders zu loben sind natürlich die großartigen Schauspieler.
Jean-Marc Barr, der im Anschluß leider keine so erfolgreiche Karriere
wie der Regisseur und sein Leinwandpartner starten konnte, wirkt sowohl
zerbrechlich als auch leidenschaftlich und charismatisch, die junge Rosanna Arquette ist in ihrer Naivität liebenswert. Die Chemie zwischen
den beiden funktioniert auf jeden Fall. Den größten Eindruck macht aber
Jean Reno in einer Paraderolle als extrovertierter Enzo, dem hiermit
ebenfalls sein internationaler Durchbruch gelang. Außerdem sieht man
noch die bezaubernde Valentina Vargas als seinen kurzzeitigen Love-Interest, die aber leider nicht viel
Screentime hat (und zudem auch nur im hier besprochenen "Director's Cut" zu sehen ist).
"Im Rausch Der Tiefe" hat jetzt freilich keine wirklich besonders
ausgefallene Handlung, tatsächlich ist diese ziemlich banal. Hier
erzählt stattdessen die Optik die Geschichte. Der Film wirkt vor allem
durch seine Bilder und die großartige Inszenierung Luc Bessons.
Besonders eindringlich ist dabei die Halluzinationsszene kurz vor
Schluss, in der Jacqes in seinem Bett glaubt, das Meer würde sich von
der Decke in sein Zimmer ergießen. Technisch war diese Szene wohl eher
simpel umgesetzt, aber visuell ist sie
atemberaubend. Ein netter Einfall war es auch, den Prolog, bei dem die
beiden Hauptfiguren als Kinder zu sehen sind, ein einschneidendes
Erlebnis, das ihre Charaktere definiert, gezeigt wird und man den jungen
Jacques sogar beim Füttern einer Muräne beobachten kann, in Schwarz-Weiß, den Rest des Films
aber in Farbe zu drehen. Einen großen Anteil an der Atmosphäre hat natürlich auch die Musik
von Bessons Stammkomponisten Éric Serra. Seine sphärischen
Keyboardkompositionen, die teils auch Delfinlaute imitieren, ermöglichen
einem gleich von Beginn an das sprichwörtliche "Abtauchen" in die
Bilderwelt des Films.
Man muss sich natürlich auf das Werk einlassen können. "Im Rausch der Tiefe" ist sehr ruhig und langsam erzählt und zieht sich besonders im
über zweieinhalbstündigen "Director's Cut" auch etwas. So manche Szene
wäre vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen. Dennoch ist die längere
Fassung zu bevorzugen, da sie die Charaktere vertieft und auch einige
neue, nicht ganz unrelevante Figuren auftreten lässt. Außerdem fügt sie
dem Film auch etwas Humor hinzu (beispielsweise, wenn der japanische
Taucher aufgrund seiner zweifelhaften Atemtechnik schon versagt, bevor
er auch nur einen Meter tauchen konnte).
Tatsächlich bietet der Film nicht wenig Humor, ist teilweise auch
ziemlich spannend (wenn es in die wirklich gefährlichen Tiefen geht).
Zum Ende hin wird es dann auch sehr tragisch. Insgesamt kann man ihn als
eine Mischung aus Drama, Abenteuer- und Liebesfilm beschreiben.
Vielleicht ist "Im Rausch der Tiefe" ein Film, mit dem nicht jeder etwas anfangen kann, aber in seiner Bildgewalt im wahrsten Sinne des Wortes
"berauschend". Ein Film für Taucher & leidenschaftliche
Meerliebhaber & eine Hommage über Freundschaft & die Faszination
für die Weltmeere. Einfach ein schöner Film.
8/10
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