Ein Frauenwochenende soll das werden, was Jungle Julia (Sydney Tamiia Poitier) mit ihren nicht minder attraktiven Freundinnen Arlene (Vanessa Ferlito) und Shanna (Jordan Ladd) geplant hat - Männer unerwünscht. Ok, so ganz ohne geht es auch nicht: Um dem Trip einen zusätzlichen Kick zu verpassen, kündigt Radiomoderatorin Julia in ihrer Sendung an, dass der Mann einen Lapdance von ihrer Freundin Arlene bekommen wird, der ein bestimmtes Gedicht exakt vorträgt. Der erste Bewerber um den lukrativen Lapdance ist der äußerst eigenwillige Stuntman Mike (Kurt Russell). Er hängt in derselben Bar am Tresen bei Wasser und Virgin Pina Coladas ab. Eine furchteinflößende Gesichtsnarbe hat den Haudegen entstellt, was Arlene trotz reichlich Alkohol im Blut deutliches Unbehagen bereitet, als Stuntman Mike das Versprechen eingelöst haben will. Arlenes schlechte Gefühl ist berechtigt, entpuppt sich der Fremde doch schon bald als psychopathischer Killer...
14 Monate später heftet sich Mike in Lebanon, Tennessee, an die Fersen eines weiteren Mädelsgespanns. Doch Kim (Tracie Toms), Zoe (Zoe Bell), Abernathy (Rosario Dawson) und Lee (Mary Elizabeth Winstead) wissen, wie Frau sich zu wehren hat...
Die erste Hälfte von "Death Proof" ist eine klare Zehn, die zweite leider nur wenig ein Meisterwerk. In einer unheimlich versifften Bar lässt Tarantino seine Gruppe verlorener Seelen aufeinandertreffen und demonstriert eindrucksvoll wie vielleicht nie zuvor sein inszenatorisches Geschick. Er isoliert Figuren und wirft sie wieder zusammen, seine Kamera tastet diese begrenzten Räume ab, kein Kamerawinkel ist ihm zu unkonventionell und doch ist da keine Einstellung bloß ihrer selbst wegen. Er setzt die ästhetische Messlatte schon schon in der Titelsequenz hoch an, seinem Material gibt er von da an einen fast surreal dreckigen aber damit aber auch überaus sinnlichen Look. Irgendwann ist man dann einfach mit dabei in dieser miefigen Holzhütte und meint schon fast den Geruch von Bier und Zigarette in der Nase zu haben. Und beobachtet Tarantino dabei wie er das macht, was er eben macht. Wie er Figuren, die man für nicht mehr als wandelnde Klischees gehalten hat langsam und subtil tragische Größe und tiefere Abgründe entlockt. Und damit auch jegliche Erwartungshaltungen unterwandert.
Man kann nicht anders als diese Frauen zu bewundern die in einer trostlosen, einsamen, postmodernen Welt mehr als tapfer kämpfen, auch wenn nicht immer klar ist um was (einen Sinn vermutlich). Irgendwann gönnt der Mann sich dann auch selbst den besten Cameo seiner Karriere. Wenn Tarantino in "Pulp Fiction" noch als Schöpfer in seine eigene Welt trat um sich mit der Dummheit seiner eigenen Figuren abrackern zu müssen (was sicherlich auch etwas Liebevolles hatte), so ist er nun einer von ihnen, einer dieser Verrückten, Loser und verlorenen Seelen. Und er trinkt seinen rituellen Shot mit ihnen.
Sobald auch noch dann Kurt Russell seinen Auftritt hat (fast schon mythisch überhöht, ein Archetyp des Kinos, virtuose Einführung) und Rosario Dawson dem seelischen Striptease einen physischen Lapdance gegenüberstellt ist das, das was manche als "pures Kino" bezeichnen. Bewegung und Berührung. Danach kommen noch Highlights am Fließband: Die Crashszene, in der das ziehen an einem Schalter den Rhythmus vorgibt für ein grausames Crescendo des Todes, eine wunderbar voyeuristische Szene die Stuntman Mike beim "Kennenlernen" mit seinen Opfern zeigt und damit die vollständige Objektifizierung ebendieser, eine komplett verrückte Verfolgungsjagd. Am Ende bedarf es eigentlich nur einer Handvoll Stuntfrauen um einen patriarchalischen Archetypen des Kinos endgültig zu begraben. Und die dazugehörige Form von Kino begräbt Tarantino damit vielleicht auch noch.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Senator/Universum Film
Poster/Artwork: Dimension Films/Troublemaker Studios/Rodriguez International Pictures/The Weinstein Company
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