http://www.imdb.com/title/tt0110632/
Mickey (Woody Harrelson) und Mallory Knox (Juliette Lewis) sind ein
Liebespaar, das eine Blutspur durch die USA zieht. Innerhalb weniger
Wochen haben sie über 50 Menschen auf dem Gewissen. Die Polizei ist
ihnen auf den Fersen, die Öffentlichkeit stilisiert sich zu Helden und
der sadistische Polizist Jack Scagnetti (Tom Sizemore) ist fanatisch
besessen davon, die Serientäter endlich zur Strecke zu bringen. Als die
beiden Liebenden in der Wüste bei einem Indianer während eines
Drogentrips von Klapperschlangen gebissen werden, machen sie sich auf
den Weg, um eine Apotheke zu überfallen und das Gegengift zu entwenden.
Doch der Raubzug geht schief und das Killerpärchen wird geschnappt. Im
Gefängnis stehen sie unter der Aufsicht des passionierten Anstaltsleiter
Dwight McClusky (Tommy Lee Jones), der ein Fernsehinterview mit dem
TV-Reporter Wayner Gale (Robert Downey jr.) zulässt. Während der
Aufnahmen bricht eine Revolte aus, die blutige Ausmaße annimmt.
Oliver Stones Skandal-Film aus dem Jahr 1994, der auf einem Drehbuch von Quentin Tarantino basiert, ist wahrlich kein leichtes Stück Filmkunst. Es ist eine Art Trip. Zwischen stakkatoartigen Schnitten, ständig wechselndem Stil von schwarz-weiß zu Found Fottage zu Realfilm zu Trickfilm. Selten verweilt der Streifen in einer vordefinierten Art. Durch das Vermischen der Handlung mit Sitcom- und Comicelementen, wirkt
er viel mehr wie eine popkulturelle Hommage, denn als das, was er
wirklich ist. "Natural Born Killers" ist ohne Zweifel ein Streifen bei dem sich die
Geschmäcker scheiden. Die einen lieben Stones Kultfilm und die anderen
können aufgrund seiner harschen, schonungslosen Gewalt so gut wie nichts
mit diesem Werk anfangen. Auch meine Ansicht spaltete "Natural Born
Killers" sehr lange, was wahrscheinlich vordergründig an seiner
verdammt verstörenden und oft grenzwertigen Inszenierung lag. "Natural Born Killers" ist zudem, so plump
es klingen mag, wirklich oft zu hart und unzugänglich, sodass es sehr
lange dauern kann bis man in irgendeiner Weise einen Zugang zu dem Streifen findet. Wenn sich Mickey und Mallory auf ihrem abgefahrenen
Trip irgendwo in den Staaten heillos durch die Gegend schnetzeln,
hilflose Zivilisten ohne mit der Wimper zu zucken ins Jenseits
befördern und dabei aussehen als wären sie auf einem gestörten Drogentrip, dann kann man als Zuschauer nur auf der einen oder der anderen Seite stehen.
Was "Natural Born Killers" aber zu einem ordentlichen
Streifen macht, sind die sehr starken Schauspieler, der perfekt passende
Soundtrack und die gelungene Medienkritik vermischt mit einem
gesellschaftlichen Seitenhieb. Woody Harrelson und Juliette Lewis geben
als Killerpärchen eine wirklich grandiose (und völlig absurd-übertriebene) Performance ab und wirken in
ihrem Rollen, so makaber es klingt, auch noch recht glaubwürdig. Harrelson überzeugt als vom Töten besessener, durch Nichts zu bremsender Mickey und Juliette Lewis brilliert als
psychopathische und durchgeknallte Mallory. Tom Sizemore überzeugt hier
als der etwas andere Polizist,
Robert Downey Jr. als vom Ruhm und Erfolg beeinflusster Journalist und
Tommy Lee Jones tut das was er am besten kann, nämlich einfach nur eine verdammt coole Figur
abgeben. Was dann
aber letztlich und wirklich funktioniert, ist die Tatsache, dass der Film (trotz seiner
makaberen Art) sehr gut verdeutlicht wie leicht die breite Masse durch die Medien und ihr Gehabe, ihrer Sucht nach steigenden
Einschaltquoten und Macht zu beeinflussen bzw. zu blenden ist und Verbrecher, hier am Beispiel von Mickey und Mallory, auch
noch "verehren" und bewundern.
Man sieht, der Film hatte es so schon nicht leicht gehabt, doch die Kinofassung musste dann auch noch für ein gewünschtes R-Rating so stark gekürzt werden, dass am Ende über 100 Schnitte herauskamen, bis die MPAA endlich zufrieden war. Die Kinofassung wurde in Deutschland von Warner veröffentlicht. Auch der hier besprochene ungekürzte "Unrated Director's Cut" erschien in Deutschland - entweder ungeprüft oder mit SPIO/JK-Freigabe. Oft wurden Einstellungen nicht komplett gekürzt, sondern nur um ein paar Frames erleichtert und die Unterschiede zur Kinofassung liegen so über den ganzen Film verteilt bei gerade mal 88 Sekunden. Diese verändern den Film nicht essentiell, zeigen aber doch mehr von Stones urspünglich gedachter Version, einer noch brutaleren Art der Mediensatire, welche bis heute wohl unerreicht und einzigartig ist. Ein wahnwitziger Streifen, der eine makabre und zynische Geschichte, im
Gewand einer Groteske, zu einer Perversion des amerikanischen Traums
destilliert.
Selbst heute, über 20 Jahre nach seiner Premiere, wirkt der Film erstaunlich aktuell.
8/10
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