Montag, 21. September 2015

From Hell (2001)

http://www.imdb.com/title/tt0120681/

Im Arbeiterviertel Londons wird 1888 eine Prostituierte ermordet und ausgeweidet. Für Sergeant Godley (Robbie Coltrane) kommt nur ein Mann infrage, den Fall zu lösen: Inspektor Abberline (Johnny Depp). Nachdem man ihn aus der Opiumhölle gezerrt hat, schaltet er seinen analytischen Verstand ein. Für Abberline steht fest, dass "Jack" nur der britischen Oberschicht entstammen kann, verfügt er doch offenbar über ausgeprägte anatomische Kenntnisse. Als wieder Blut durch Londons Straßen fließt, gerät der kluge Ermittler in Zeitnot. Es macht die Sache nicht einfacher, dass sein Gegenspieler Verbündete unter den Mächtigen des Landes hat...

Von den zahllosen Filmen die "Jack The Ripper" thematisieren ist der hier von den Hughes Brothers der Gelungenste - und zwar aus zwei Gründen: sie begegnen dem bisher nicht aufgeklärten und wahrscheinlich nie aufzuklärendem Kriminalfall mit der richtigen Einstellung. Der Film bleibt bewusst so unklar wie nötig und doch so genau wie möglich. Dabei greift er mehrere in der Kriminalistik dieses Falles auftretende Deutungen auf. Es werden die üblichen Verdächtigen benannt: die Gangster, die die Nutten kontrollieren, der königliche Leibarzt (Ian Holm), die Freimaurer, bis hin zu einem Mitglied der Royals. Auch rassistische Äußerungen, die einen Juden als Täter vermuten, werden kurz in Betracht gezogen. Und damit liefern die Hughes Brothers einen atmosphärisch dichten und gut anzusehenden Thriller ab. Obgleich der Plot im Wesentlichen ein eher überschaubares Etwas ist, und dem Hörensagen nach bei Weitem nicht das volle Potential von Moores zugrundeliegender Graphic Novel ausschöpft, so erreicht er doch, den Zuschauer bei der Stange zu halten: Wo "Jack The Ripper" draufsteht, ist eben auch "Jack The Ripper" drin.

Ins Schlingern gerät der Erzählfluss vorallem dann, wenn der Film sein angestammtes Genre - das des historischen Slashers - verlassen will, und versucht, seinen Figuren durch Fieberphantasien und Flashbacks mehr an Hintergrund zu geben, als wirklich nötig wäre. Dies mag dem 600 Seiten starken Urstoff Tiefe verleihen, im Film ist es eher störendes Beiwerk, welches durch seinen schnellen Schnitt und diversen grafischen Spielereien eine unschöne Penetranz enwickelt und dem Zuschauer einiges an Geduld abverlangt. Unter Umständen hätte hier das vollständige Bekenntnis zur Eindimensionalität der Figuren, etwaigem Leerlauf entgegengewirkt.

Aber dass man sich auf eine Graphic Novel stützt, muss ja kein Nachteil sein. Man merkt es am glutroten Londoner Himmel oder am blutroten Beefsteak. So entsteht eine düstere Atmosphäre von Englands Hauptstadt Ende des 19. Jahrhunderts, in der Mr. Abbeline (Johnny Depp), der opiumsüchtige, Absinth- trinkende Inspektor ermittelt. Das passt ebenso ins ungewöhnliche Bild, wie seine Liebe zur Hure Mary Kelly (Heather Graham). Und über allen schwebt, trotz seiner Körperfülle, Sergeant Godley als Mädchen für alles, vor allem für die Komik zuständig. Selbst das Ende ist sonderbar gelungen. Die wirklichen Stärken von "From Hell" liegen in seiner düster-melancholischen Inszenierung, die es beizeiten wirklich schafft, aufs Gemüt zu schlagen.

Trotzdem: dem Eindruck, man sehe gerade eine Burton'sche Blaupause, die sich optisch zwischen "Sleepy Hollow" und dem später erschienenen "Sweeney Todd: The Demon Barber Of Fleet Street" bewegt, können die beiden Regisseure zu selten etwas entgegensetzen. Depps Leistung trägt zwar - trotz sichtbarer Unterforderung - auch diesen Film zu großen Teilen alleine, aber auch er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, in seiner Rolle im Wesentlichen Versatzstücke seiner "Sleepy Hollow"- und "The Ninth Gate"-Charaktere zu repetieren. Gut gemacht, spannend, stimmungsvoll und allumfassend in der Sehweise.

8/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen