http://www.imdb.com/title/tt0816692/
Seit Menschengedenken haben wir immer nach den Sternen gegriffen,
danach gestrebt, den Planeten zu verlassen und neue Welten zu entdecken.
Dieses Streben nahm ernsthafte Züge an, als die Amerikaner im Wettlauf
mit den Russen zunächst ins All vordrangen, den Mond betraten und Sonden
in die Weiten unseres Sonnensystems entsandten. Bislang scheiterten
Versuche, in bemannten Missionen die Weite des Raumes zu durchschreiten,
an der Zeit, die dafür benötigt wird. Nun aber scheint der Durchbruch nahe: Die Theorie der Existenz von
Wurmlöchern wurde durch die Praxis bestätigt, und so begibt sich eine
Gruppe von Wissenschaftlern (darunter Matthew McConaughey und Anne Hathaway) auf eine phantastische Reise durch Raum und Zeit...
Geflasht? Definitv ja. Aber irgendwo in dieser Geschichte fehlt etwas. "Interstellar" bleibt trotz seiner geradezu epischen Laufzeit von knapp 169 Minuten einfach zu wenig Zeit, um seine ausführliche und wohldurchdachte Geschichte auch in vollem Umfang
zu erzählen. Ja, die Handlung ist komplex, wer ihr jedoch aufmerksam folgt, wird
sie zu großen Teilen verstehen, auch wenn Grundkenntnisse in moderner
Physik sicher sehr nützlich sind.
"Interstellar" ist dabei sowohl erzählerisch, als auch visuell sehr viel
zurückhaltender als nach Sichtung des Trailers gedacht und definitiv nicht das Bombastfeuerwerk
und Science-Fiction-Epos, welches ich irgendwie im Vorfeld erwartet hatte. So stehen trotz ambitionierter Themen (Fortbestand der
Menschheit und intergalaktische Reisen) stets die
Charaktere und ihre Gefühle im Vordergrund. Demzufolge bleibt die Kamera
auch immer nah an den Personen und es gibt nur wenige (aber dafür umso
effektivere) Panoramaaufnahmen. Selbst in den Einstellungen im Weltraum
ist die Kamera oft fest auf der Außenhülle des Raumschiffs montiert, was
teilweise (gerade bei den Drehungen) gewöhnungsbedürftig ist, diesen Szenen jedoch (trotz der
Endlosigkeit des Alls) etwas unglaublich Faszinierendes verleiht.
Dass "Interstellar" da auch nur
selten wirklich episch ist, fällt gar nicht negativ auf, sondern
passt zum aussichtslosen Grundton des Filmes. Visuell bietet "Interstellar" trotzdem einige sehr beeindruckende Einfälle. Vor allem
in der zweiten Hälfte bekommt man immer öfter Bilder zu sehen, die es so im
Kino noch nicht zu bestaunen gab, seien es die
(wissenschaftlich korrekten) Aufnahmen des Schwarzen Lochs oder die
kreativen Planeten des fremden Sonnensystems. Äußerst lobenswert ist
dabei, dass das Ausmaß der Computereffekte dabei erstaunlich gering
bleibt. So wurde bei den Dreharbeiten kein einziger Greenscreen
verwendet. Was also durch die Fenster der Raumfähre zu sehen ist, war
dank Projektion auch für die Schauspieler sichtbar. Bei den Aufnahmen
der Shuttles hingegen kamen in vielen Fällen Modelle zum Einsatz, was
dem auf Film gedrehten Streifen (das wird am Ende der Credits extra erwähnt!) einen angenehm greifbaren und irgendwie auch zeitlosen Look verleiht.
Im Erzählrhythmus offenbart sich jedoch ein klitzekleiner Schwachpunkt von "Interstellar". Während der Film sich in einzelnen Szenen (zurecht) Zeit
lässt und dabei sogar leicht ausufert, wirken andere Abschnitte (wie zum Beispiel die Landung auf dem ersten Planeten) sehr überhastet. In
Anbetracht der Laufzeit klingt es zwar ironisch, aber tatsächlich
hätten dem Film an mehreren Stellen (vor allem im ersten Drittel) einige
zusätzliche Minuten nur gut getan, um Unstimmigkeiten zu beseitigen oder
bereits eindrucksvolle Szenen noch intensiver umzusetzen. So verschenkt
Nolan durch die teilweise sehr sprunghafte Erzählweise leider eine Winzigkeit an
Potential.
Positiv hervorzuheben ist der grandiose Soundtrack von
Nolans (mittlerweile offensichtlichen) Lieblingskomponisten Hans Zimmer, der hier einen etwas ungewohnten
Beitrag im Vergleich zu seinen übrigen Werken abliefert. Stellenweise ruhig, dann wieder ehrfürchtig oder pompös scheinbar ins Unendliche anschwellend, schafft er es,
die entsprechende Stimmungen auch akustisch perfekt zu übertragen. Vor allem in der
zweiten Hälfte erzeugen die dröhnenden Sounds eine teilweise
äußerst unangenehme Stimmung, die überraschend gut zur
Handlungsentwicklung passt, wenn man bedenkt, dass Zimmer zur
Komposition gar kein Skript (sondern nur Textpassagen) erhalten hatte.
Schauspielerisch gibt es besonders vom Hauptdarsteller McConaughey
eine beeindruckende Leistung, dessen Performance wohl die emotionalste
ist, die es bisher in einem Nolan-Film zu sehen gab. Aber McConaughey mausert sich immer mehr und mehr zu einem meiner Lieblings-Schaupieler. und das, obwohl ich ihn bis vor ein paar Jahren eher als den arroganten Angeber wahrgenommen hatte. Was vermutlich auch an seinen Rollen lag. Aber hier bringt er die Verzweiflung
und Trauer seines Charakters darüber, dass er seine geliebten Kinder auf
der sterbenden Erde zurücklassen musste, wirklich meisterhaft
rüber. Michael Caines
Potential wird diesmal zwar nicht völlig ausgenutzt, einige starke
Auftritte hat er dennoch. Vor allem, wenn er Dylan Thomas‘
überwältigendes Gedicht "Do Not Go Gentle Into That Good Night"
rezitiert, bekommt man als Zuschauer eine gewaltige Gänsehaut. Wie immer
überzeugend ist auch Anne Hathaway, die Prof. Brands Tochter spielt,
welche ebenfalls zu den Astronauten der Rettungsmission zählt und von
Hathaway schön kaltschnäuzig und unsympathisch gespielt wird. Am meisten
beeindruckt war ich jedoch von zwei weiteren Nebendarstellern, zum
einen von der (gerade erst dreizehnjährigen) Mackenzie Foy, die McConaugheys
Filmtochter Murph überzeugend und überaus ergreifend spielt. Der zweite
herausragende Nebendarsteller soll hier nicht genannt werden, da dieser
Star nur kurz in den Credits genannt wird und sein Auftreten somit für mich eine große
Überraschung war.
"Interstellar" ist, eigentlich typisch für Nolan, ein recht ungewöhnlicher Film. Mit seiner ruhigen Erzählweise (die ein wenig an "2001" erinnert), der komplexen, recht
physikalischen Handlung und dem abstrakten Ende hat er mich anfänglich irritiert, bevor ich seine wahre Größe begriff. Man bekommt
mit dem Streifen ein so intensives, intellektuell stimulierendes, toll
gespieltes, ergreifendes und bildstarkes Werk geboten, wie man es nur
selten im Kino erleben darf. Nur im Vergleich zu Nolans noch besseren Werken, fällt der Film, aufgrund einer stellenweise überhasteten und
bruchstückhaften Erzählweise, sowie wenige schwach ausgearbeiteten
Nebenfiguren leicht ab.
Wie fast immer bei solchen Werken ist dies allerdings Jammern auf hohem - unglaublich hohem - Niveau.
9,5/10
Wer fand eigentlich, dass TARS und sein Kollege CASE sehr an die Monolithen aus "2001" erinnerten? Und wer hat gemerkt, dass die Erklärung der Raumkrümmung ganz schön aus "Event Horizon" abgeschaut wurde? :)
Nur in Großbritannien gab es den Film (inklusive deutschem Ton) als Special Edition mit Bonus-Disc im limitierten 24-seitigen Digibook. Da fiel die Wahl doch relativ leicht...
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