Ihr wohlbehütetes Londoner Zuhause verlässt die junge Wendy (Ever Anderson) eigentlich nur ungern. Doch alles ändert sich, als sie Bekanntschaft mit dem abenteuerlustigen Peter Pan (Alexander Molony) macht, der irgendwann einfach beschlossen hat, nicht erwachsen zu werden, und obendrein sogar fliegen kann! Peter und die kleine Fee Glöckchen (Yara Shahidi) laden Wendy und ihre Brüder Michael (Jacobi Jupe) und John (Joshua Pickering) ins magische Nimmerland ein, wo sie ein Abenteuer erwartet, das ihre Leben für immer verändern wird. Allerdings lauern hier auch einige Gefahren, allen voran der böse Piraten-Kapitän Hook (Jude Law), der noch eine offene Rechnung mit Peter hat...
Die Live-Action-Remakes von Disneys Zeichentrick-Klassikern kann man durchaus mit gemischten Gefühlen betrachten. Viele von ihnen - wie "Der König der Löwen" (2019) oder "Die Schöne und das Biest" (2017) - sind beinahe identisch mit den jeweiligen Original-Zeichentrickfilmen und scheinen nur deshalb zu existieren, um die Zuschauer daran zu erinnern, dass sie die Zeichentrickversionen dieser Geschichten geliebt haben. Die besten Neuverfilmungen nehmen aber einen Klassiker, den man kennt und mit dem man wahrscheinlich auch aufgewachsen ist, und nutzen die Gelegenheit, um einen neuen Blickwinkel auf diese zeitlosen Geschichten zu werfen. "Cinderella" aus dem Jahr 2015 brachte dem Zuschauer die Wut der bösen Stiefmutter näher, die beiden "Maleficent"-Verfilmungen aus dem Jahr 2014 und 2019 zeigte die Ursprünge und Fortgänge einer der kultigsten Bösewichte Disneys, und selbst "Aladdin" aus dem Jahr 2019 fand neue Wege, diese Figuren zu erweitern und ihnen mehr Handlungsmöglichkeiten zu geben als ihre animierten Gegenstücke.
Ob man diese Filme nun gut oder schlecht findet oder bewertet liegt daher auch immer an der Erwartungshaltung. Will man "nur" etwas Altbekanntes in neuem Gewand sehen, sind die Realverfilmungen oft perfekt, bei Neuinterpretationen oder gar Erweiterungen der etablierten Story scheiden sich die Geister. "Cruella" war beispielsweise eine grandiose Erzählung, die sich lediglich im Universum der "101 Dalmatiner" bewegte. Aber die vielleicht beste dieser Live-Action-Remake war bisher "Elliot, der Drache" von 2016, bei dem ebenso wie hier David Lowery Regie führte und das Drehbuch schrieb, nachdem er zuletzt "The Green Knight" drehte. Lowery zeigte schon damals, dass selbst geliebte Werke verbessert und zu neuen Klassikern für eine neue Generation gemacht werden können. Lowery wusste, dass sie nur dann so unvergesslich werden wie die Disney-Zeichentrickfilme, wenn man etwas wagt und etwas Neues ausprobiert - auch wenn es sich um Geschichten handelt, mit denen man vielleicht seit seiner Kindheit aufgewachsen ist. Lowerys zweites Disney-Remake, "Peter Pan & Wendy", lässt Peter Pan wieder auferstehen - eine Geschichte, die im Laufe der Jahre schon viele Remakes erlebt hat - und schafft es tatsächlich, einer Geschichte, die man schon unzählige Male gehört hat, neues Leben einzuhauchen.
"Peter Pan & Wendy" beginnt wie die meisten dieser Neuverfilmungen:
Wendy Darling (Ever Anderson) steckt zwischen ihrem aufkeimenden
Erwachsensein und dem Wunsch, so kindlich und verspielt zu bleiben, wie
es ihre Brüder Michael und John (Jacobi Jupe bzw. Joshua Pickering)
gerade sind. In der Nacht, bevor Wendy ins Internat geht, bekommt sie
Besuch von Peter Pan (Alexander Molony), von dem die Darling-Kinder
schon viele Geschichten von ihrer Mutter gehört haben, und seiner
Feenfreundin Tinker Bell (Yara Shahidi). Mit ein wenig Feenstaub und
einigen glücklichen Erinnerungen folgen die Darling-Kinder Peter Pan und
Tinker Bell zurück nach Nimmerland - einem Ort, an dem Kinder niemals
erwachsen werden und an dem Peter ständig von seinem Erzfeind Kapitän
Hook (Jude Law), seinem ersten Offizier Mr. Smee (Jim Gaffigan) und dem
Rest seiner Crew verfolgt wird.
David Lowery und Co-Autor Toby
Halbrooks erfinden das Rad mit dieser neuesten Version von J. M. Barries
klassischer Geschichte nicht unbedingt neu, aber sie machen das Rad
zumindest wieder zu etwas, das es wert ist, erkundet zu werden. Ja, es
ist die Geschichte, die man vermutlich bereits kennt, aber mit genügend
intelligenten Änderungen gegenüber dem Zeichentrick-Klassiker von 1953
und den Regieeinfällen von Lowery, damit sich der Film neu anfühlt. Der
Moment, in dem die Darling-Kinder über den Big Ben nach Nimmerland
fliegen, erinnert eher nicht gerade an ein
typisches Disney-Remake, und die schnellen Montagen, in denen Wendy sich
an ihre Jugend erinnert und sich vorstellt, wie ihr Leben als
Erwachsene aussehen könnte, wirken weitaus emotionaler und kraftvoller
als alles, was in den meisten Disney-Remakes zu sehen ist. Lowery zeigt, dass ewige Jugend zwar wunderbar sein kann, dass aber die Schönheit
eines gelebten Lebens ebenso schön ist. Oft verliert sich der Regisseur
in der Disney-Maschinerie, aber Lowery kommt auch immer ganz schnell wieder zrück auf den Boden der Tatsachen..
Lowery und sein Drehbuchautor Toby Halbrooks nehmen sich auch viel Zeit, um die
Beziehung zwischen Peter Pan und Hook zu untersuchen. Während Wendy
damit rechnet, nicht ganz ein Mädchen, noch keine Frau zu sein, sieht
sie die extremen Gegensätze vor sich: die Frustration des ewigen
Kindseins und die Gefahren, die Lebensfreude und den kindlichen Geist zu
verlieren. Wendy,
anstatt Peter, in den Mittelpunkt dieser Geschichte zu stellen, ergibt absolut Sinn, und
Andersons Darstellung schafft ein wunderbares Gleichgewicht zwischen
Wendys Wunsch, erwachsen zu werden, und der Bewahrung ihrer
Verspieltheit. "Peter Pan & Wendy" fühlt sich auch immer so an, als
würden wir Kinder beim Spielen beobachten, mit Dialogen, die andeuten,
dass das alles nur ein Spiel sein könnte, das in einem Schlafzimmer
gespielt wird, wobei eine Figur sogar fragt: "Du meinst, ich bin in
einer Geschichte?" Es gibt hier sehr wichtige Fragen über das
Erwachsenwerden, aber Lowery achtet stets darauf, dass das Spielen im
Mittelpunkt der Geschichte steht.
Zu dieser Ausgewogenheit tragen auch die Leistungen von Alexander Molony und Jude Law bei. Molony ist hier und da ein wenig steif, aber er schafft es, Peter sowohl als vielversprechende Möglichkeit als auch als etwas verzogene Göre darzustellen - und bleibt dabei immer sympathisch. Der eigentliche Star ist jedoch Laws Hook, der sich in der Rolle des klassischen Disney-Bösewichts sichtlich amüsiert und dieser Figur auch ein echtes Herz verleiht. Wenn man irgendwann mehr über seine Geschichte mit Peter erfährt, kann man plötzlich auch einen viel tieferen Schmerz erkennen, ein Kind, das tief im Inneren mit den Regeln von Nimmerland kämpfte und sich von einem engen Freund verraten fühlte. Auch hier fügen Lowery und Halbrooks dieser Neuverfilmung die dringend benötigten Schichten hinzu, die in zu vielen Disney-Neuverfilmungen fehlen.
Ja, in den letzten Jahren hat der Zuschauer eine absurde Anzahl von Disney-Remakes gesehen, und jedes Jahr oder so bekommt man eine oder vier weitere Nacherzählungen eines Klassikers zu sehen. Selbst die Geschichte des Peter Pan wurde schon Dutzende Male verfilmt - manche gut, manche schlecht. Aber mit "Peter Pan & Wendy" zeigt Lowery, dass es nicht falsch ist, sich eng an den Inhalt des (eigentlich recht düsteren) Buches zu halten, solange man der Geschichte eine neue Identität verleiht und dem Publikum einen Grund gibt, diese Geschichte noch einmal zu sehen. Sowohl mit "Elliot, der Drache" als auch mit "Peter Pan & Wendy" hat Lowery gezeigt, wie man eine altehrwürdige Geschichte noch einmal erzählen kann. Jon Favreau hat vielleicht einen Weg gefunden, diese Filme profitabel zu machen, aber Lowery hat genau gezeigt, wie Disney diese Projekte angehen sollte.
7,5/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Disney
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