https://www.imdb.com/title/tt1571234/
Nachdem vor Tausenden von Jahren eine unfassbare Katastrophe die Erde
verwüstete, werden die Ressourcen in der fernen Zukunft immer knapper
und die Städte streiten sich unentwegt darum. Mittlerweile sind diese
aber zumeist nicht mehr an einem Ort verankert, sondern stehen auf
riesigen Rädern, mit denen sie über die Eroberfläche fahren – immer auf
der Suche nach Essbarem und anderen Ressourcen. Das Leben des
Stadtbewohners Tom Natsworthy (Robert Sheehan) ändert sich vollkommen,
als er Hester Shaw (Hera Hilmar), einer jungen Frau aus dem Ödland,
begegnet. Deren Stadt wurde von dem rollenden Koloss, der einst die
Stadt London war, überfallen und verschlungen und sie nutzt die
Gelegenheit, um zu versuchen, Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) zu
töten, der einst ihre Mutter ermordete und einer der Anführer von London
ist. Doch ihr Angriff scheitert und Tom und Hester finden sich bald in
den Reihen einer Rebellentruppe wieder, die verhindern möchte, dass
Valentine eine mächtige Waffe in die Hände bekommt...
Nachdem die Stimme aus dem Off kurz und knackig über den Untergang und die Wiederauferstehung der Zivilisation aufklärt, eröffnet der Film mit seiner spektakulärsten Szene. Die Metropole London rollt als überdimensionaler Stadtpanzer, gekrönt von St. Paul’s Cathedral, auf einem Kettenlaufwerk durch eine karge Landschaft. Plötzlich ist ein kleines Städtchen in Sichtweite. Eine rasante Verfolgungsjagd, wie man sie so noch nie gesehen hat, beginnt. Die Designs der teilweise sehr chaotisch aussehenden Steampubk-Städte wecken Erinnerungen an Hayao Miyazakis "Das wandelnde Schloss". Der Einstieg in diese postapoakyltische Welt ist dermaßen gut gelungen, bildet aber auch schon den Höhepunkt des Films. Denn leider spiegelt sich der visuelle Einfallsreichtum des Films in seiner abgenudelten Geschichte und dünnen Charakteren nicht wieder. "Mortal Engines" ist ein Film, der so sehr mit seinen zugegebenermaßen beeindruckenden Schauwerten beschäftigt ist, dass der generische Plot beinahe als Nebensache nach Schema F abgehandelt wird. So toll die Welt von "Mortal Engines" auch aussehen mag, so wenig originell sind die Ideen dahinter. Peter Jackson und seine Co-Autorinnen Fran Walsh und Philippa Boyens bedienen sich besonders großzügig bei "Star Wars", aber auch mehr als ein Hauch von "Mad Max" und "Die Tribute von Panem" ist zu erkennen, während Rivers' visuelle Umsetzung hier und da an Terry Gilliam erinnert.
Es ist natürlich keineswegs verwerflich, sich von großen Vorbildern inspirieren zu lassen. Schließlich hat "Star Wars" unzählige Fantasy- und Sci-Fi-Blockbuster über die Jahrzehnte beeinflusst. Es ist die Umsetzung dieser bekannten Elemente, auf die es ankommt, und vom Visuellen abgesehen, wirkt diese in "Mortal Engines" vor allem zweckmäßig. Nach dem furiosen Auftakt, sobald Hester und Tom außerhalb von London landen, verfällt der Film in einen gewissen Trott, bei dem Dinge ohne viel Energie und Elan passieren, weil sie passieren müssen, um die Geschichte voranzutreiben, ohne dass am anfangs so vielversprechenden Worldbuilding oder den Charakteren gearbeitet wird. Das ist zwar aufgrund der zahlreichen soliden, wenn auch zum Teil zu schnell geschnittenen Actioneinlagen nicht langweilig, aber auch nicht so mitreißend, wie es hätte sein können, wenn die Helden und die Einsätze, um die es hier geht, einen auch nur ein bisschen kümmern würden. Dass ein Film von solchen Maßstäben wie "Mortal Engines" fast gänzlich auf unverbrauchte, neue Gesichter setzt - den meisten Zuschauern wird lediglich Hugo Weaving vertraut sein - ist in der Tat erfrischend. Der Film macht jedoch nicht viel daraus. Die isländische Schauspielerin Hera Hilmar hinterlässt als verwegene, widerstandsfähige, aber auch (nicht nur äußerlich) zutiefst verletzte Heldin einen sehr positiven Eindruck, doch das Drehbuch wird ihrer Performance nicht gerecht. Robert Sheehan ist als Tom der klassische Luke-Skywalker-Verschnitt (jedoch ohne besondere Kräfte) – ein fader, weitäugiger, begeisterungsfähiger Held und Optimist. Wenn in der zweiten Filmhälfte unausweichlich die Funken zwischen Hester und Tom sprühen, passiert das nicht, weil die beiden Chemie haben oder der Film die Beziehung vorbereitet hat, sondern weil das Drehbuch es so diktiert. Als ultracoole Rebellenkämpferin Anna Fang hat die südkoreanische Musikerin Jihae viel Stil und keinerlei Substanz. Hugo Weaving ist charismatisch wie eh und je, verkommt jedoch sehr schnell zu einem eindimensionalen Bösewicht.
Die faszinierendste Figur des Films und dessen überraschendes Herz ist Stephen Lang als wiederauferstandener Toter Shrike. Leider kommt er zu kurz und verschwindet aus dem Film gerade wenn er am interessantesten wird. Aber "Mortal Engines" hat auch einige gute Einfälle. So gibt es ein herrlich amüsant erklärtes Cameo der "Minions", das möglicherweise mehr oder weniger subtile Gesellschaftskritik enthält. Auch die unendlich haltbaren Süßigkeiten aus der alten Welt oder die Bewunderung eines Toasters lassen einen schmunzeln. Es sind diese kleinen Momente, von denen man sich mehr wünscht, um sich wirklich auf diese ungewöhnliche Welt einlassen zu können. Diese sind jedoch im ersten Akt abgearbeitet und danach geht es über mehrere Umwege, einschließlich einer umwerfenden Luftstadt ("Star Wars" lässt wieder grüßen), zur Rebellenbasis für einen verzweifelten, finalen Angriff auf London. Als der Streifen dann noch den am wenigsten überraschenden Twist des Jahres serviert, kann man nur noch die Augen rollen und sich wundern, ob Jackson nicht eigentlich doch viel lieber ein Abenteuer aus einer weit entfernen Galaxie umgesetzt hätte.
Es ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Philip Reeve, der den
Auftakt einer vierteiligen Reihe bildet - aber es ist recht unwahrscheinlich, dass Jackson und Rivers die Gelegenheit bekommen werden, die verbleibenden drei Romane aus Reeves Zyklus über Tom, Hester und die mobilen Städte zu adaptieren. Der Film selber ist visuell sehr beeindruckend, mit viel Liebe zum Detail - wie man es vom Team hinter Peter Jackson auch erwarten würde. Die postapokalyptische Fantasywelt von "Mortal Engines" ist auf den ersten Blick schon ziemlich geil, so richtig die Hosen runterlassen tut der Film aber eigentlich erst, wenn sich so langsam der super-flache 08/15-Plot entblättert und die blassen Hauptfiguren in Stellung gebracht sind. Kurz gesagt: Inhaltlich geht hier echt nicht viel. Immerhin veredelt Hugo Weaving das Ensemble deutlich und die CGI-Spezialeffekte sind sehenswert. Als unterhaltsamer Ausflug in eine alternative Welt kann man den Film also locker weggucken, solange man keine Ansprüche an das Drehbuch hat. Im Endeffekt hätte man daraus aber auch deutlich mehr machen können.
6,5/10
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