Als sein Cousin Mike (C.J. LeBlanc) in der US-Kleinstadt Shelby Springs unter unklaren Umständen verhaftet wird, reist Terry Richmond (Aaron Pierre) dorthin, um eine Kaution für ihn zu hinterlegen. Dabei gerät er jedoch schnell an den verärgerten Polizeichef Sandy Burnne (Don Johnson) und seine Beamten, wird enteignet und der Stadt verwiesen. Doch so leicht gibt sich Terry nicht geschlagen. Mit Unterstützung der Gerichtsdienerin Summer McBride (AnnaSophia Robb) stellt er Nachforschungen an, sticht dabei in ein Wespennest aus Korruption und deckt eine Verschwörung auf, die in höchste Kreise reicht. Seine Gegner glauben daraufhin, leichtes Spiel mit den beiden zu haben, doch Terry ist ein ehemaliger Marine-Soldat, der sich zu wehren weiß – und das, als die Situation sich zuspitzt, nicht nur mit Worten.
Wer in den letzten zehn Jahren genügend Actionfilme gesehen hat, hat wahrscheinlich bemerkt, dass sich die Situation in Sachen Brutalität etwas zugespitzt hat. "Rebel Ridge" wirkt wie ein fast bewusst gewähltes Gegenmittel zu all dem Blutbad. Ein großer, muskulöser Fremder kommt in eine Kleinstadt, die von korrupten Polizisten regiert wird, und erweist sich als nahezu übernatürlich gut in allem, was er tun muss, um sie zu stürzen. Zunächst einmal dreht sich die Handlung um einen zivilrechtlichen Einzug, ein Rechtsverfahren, das so ziemlich jeden US-Bürger ernsthaft beunruhigen dürfte. Der Ärger beginnt damit, dass ein paar Polizisten dem ehemaligen Marinesoldaten Terry Richmond 36.000 Dollar stehlen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das es den Strafverfolgungsbehörden erlaubt, Eigentum von normalen Bürgern ohne Beweise für kriminelle Aktivitäten zu beschlagnahmen. In die eindringlichen Dialoge ist eine Menge Juristendeutsch eingeflochten, und die schlimmsten Exzesse des Verfahrens werden auf ärgerliche Weise offengelegt; in einem Detail, das direkt aus den Schlagzeilen stammt, stellt sich heraus, dass die Polizisten sich mit dem beschlagnahmten Geld einen Margarita-Automaten gekauft haben.
Aber genauso wichtig - und das ist ein kleiner Spoiler - im darauffolgenden Rachefeldzug tötet Richmond niemanden. Richmond ist nämlich ein unbewaffneter Kampfausbilder, der sich auch mit nichttödlichen Alternativen zu den üblichen Schrotflinten und Pistolen auskennt. Und so entwaffnet und deeskaliert er die meiste Zeit des Films, feuert Taser und Blendgranaten ab, ohne auch nur einen einzigen Toten zu generieren. Das ist zum Teil deshalb interessant, weil Saulniers andere Filme so gut darin sind, Elemente der alten Ultragewalt darzustellen. "Rebel Ridge" bietet reichlich von dem raffiniert choreografierten brasilianischen Jiu-Jitsu, das ein Markenzeichen des Rachethriller-Genres ist. Hier dient es jedoch eher der Lähmung und Immobilisierung als dem Auftakt zu etwas Schrecklicherem. Pierres Größe und seine Kampfkunsterfahrung machen all dies äußerst überzeugend; die Armhebel und Würfe sind mühelos flüssig.Aber es ist auch interessant, weil das Setting von "Rebel Ridge" diese Deeskalation geradezu erfordert, wie mehrere Charaktere während der zweistündigen Laufzeit betonen. Die Polizisten sind nie explizit rassistisch - sie jagen Richmond zunächst scheinbar grundlos von seinem Fahrrad, bevor sie ihn um sein Geld erpressen -, doch den ganzen Film über herrscht das Gefühl, dass die Dinge jeden Moment schrecklich schiefgehen könnten. Doch heutzutage erscheint es noch unwahrscheinlicher, dass Richmond einen Polizisten erschießen und eine Überlebenschance haben könnte, als dass er die Wand einer Polizeistation abreißen könnte. Vielleicht ist das der Grund, warum sich "Rebel Ridge" im Vergleich zu den Dutzenden von leichenübersäten Actionfilmen, die derzeit von jedem Streaming-Dienst produziert werden, wie eine frische Brise anfühlt.
7/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Netflix
Poster/Artwork: Netflix
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