Hin- und hergeschoben zwischen Pflegefamilien, wächst Norma Jeane Baker (Ana de Armas) in dürftigen Verhältnissen auf. Trotz ihrer bewegten Jugend schafft es die wunderschöne Frau in Hollywood Fuß zu fassen und entwickelt sich zu einer Hollywood-Ikone, die Männer um den Verstand bringt. Allerdings sorgen die toxischen Beziehungen und die ständige Suche nach einem Mann, der die Lücke ihres nie dagewesenen Vaters füllen kann, für einen komplizierten Verlauf ihrer Karriere. Während sie vor der Kamera das strahlende Hollywood-Girl gibt, sieht es hinter der Fassade deutlich düsterer und trauriger aus. Schauspielerin, Sexbombe, Mensch: Marylin Monroe muss viele Rollen verkörpern, die jedoch ihr eigenes Ich in den Hintergrund rücken.
Die Verfilmung des Romans "Blonde" von Joyce Carol Oates, der lose auf dem Leben von Marylin Monroe basiert, gelingt es, Norma Jeane Mortensons (so ihr bürgerlicher Name) Leidensgeschichte zu erzählen, ohne sich dabei an ihre Martyrium zu ergötzen oder einem hechelnden Voyeurismus anheimzufallen. Der Film bleibt stets sensibel und charakterisiert die Täter deutlich als Täter, im Fall der häuslichen Gewalt durch Joe DiMaggio lässt Regissuer Andrew Dominik die Tat sogar im Off geschehen und verlässt sich einzig auf den Horror des zu hörenden Glaszersplitterns und der Schläge. Zumal "Blone" ohnehin nicht nur ewiges Martyrium zeigt. Arthur Miller wird als umsorgender Liebhaber und Ehemann dargestellt, mit dem Norma glücklich war, des weiteren davor noch während der polyamorösen Beziehung mit Charlie Chaplin Jr. und Eddy G. Robinson Jr. - da hatte sie ebenfalls eine glückliche Zeit, dem dann jedoch ihr Agent wegen ihrer Karriere einen Riegel vorschob.
Ja, bei "Blonde" handelt es sich um den empathischen, tiefgehenden und detaillierten
Blick in die Psyche einer labilen Frau mit Vaterkomplexen, durch die
surreale und experimentelle Form des Films unterstützt, die sich für
ihre Karriere und die Marke Marilyn Monroe verstellt und verzerrt, vom
misogynen und sexistischen Studiosystem gnadenlos ausgenutzt wird, von
einer ebensolchen Gesellschaft begafft oder als Hure verdammt wird und
obendrein noch mit Joe DiMaggio und John F. Kennedy an zwei Chauvinisten
und Predatoren gerät.
Der Oralverkehr wechselt ferner noch auf die Kinoleinwand vor
Publikum über und Norma Jeane fragt sich, ob Marilyn sie hierhergebracht
habe, dadurch erfolgt zudem noch ein Zirkelschluss zurück zur sexuellen
Ausbeutung der Marke Marilyn Monroe und zur sexuellen Ausbeutung von
Frauen durch die Pornographie im Generellen. Beim ersten Zusammentreffen
mit Norma Jeane meinen Chaplin und Robinson, sie wären früher
tatsächlich Pornodarsteller gewesen, und die Art und Weise, wie sie
Norma verführen, hätte 1:1 aus einem Porno stammen können."Blonde" macht damit vieles richtig und ist unheimlich intensiv gespielt. Es ist ein gutes, wenngleich aufwühlendes und teilweise schwer zu ertragendes Portrait von einer Frau, die man eigentlich ganz anders wahrgenommen hat. Unbedingt empfehlenswert.
8/10
Quellen:
Inhaltsangabe: Netflix
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