Mittwoch, 25. Mai 2022

Candyman (2021)

https://www.imdb.com/title/tt9347730/

Im Chicagoer Viertel Cabrini Green ging lange die Geschichte über den berüchtigten Candyman um, ein mit einem Haken als Hand ausgestatteter übernatürlicher Mörder. Man müsse seinen Namen nur fünfmal in einen Spiegel sagen, um ihn heraufzubeschwören. Jahrzehnte später ziehen Visual Artist  Anthony McCoy (Yahya Abdul-Mateen II) und seine Freundin, Galeriedirektorin Brianna Cartwright (Teyonah Parris), in die inzwischen von der Gentrifizierung erfasste Nachbarschaft. Während Anthonys Künstlerkarriere fast stillsteht, wird er durch eine zufällige Begegnung mit William Burke (Colman Domingo), einem alten Bewohner von Cabrini Green, mit der schrecklichen, wahren Geschichte hinter dem Candyman konfrontiert. Immer tiefer steigt er in die düsteren Einzelheiten hinter der Geisterstory hinab in der Hoffnungen, seinen Malereien neues Leben einzuhauchen. Bald aber steht sein eigener Verstand auf dem Spiel... 

Die Neigung der Hollywoodindustrie, Horrorfilmreihen zu recyceln, erreicht mit "Candyman" von Regisseurin Nia DaCostas zeitgemäßer, relevanter und kluger Neuauflage des Originals von Bernard Rose aus dem Jahr 1992, einen neuen Höhepunkt. Es folgten zwei Fortsetzungen in den Jahren 1995 und 1999, die beide nicht an die Qualität und den Erfolg von Roses Film heranreichten. Mit diesem neuen Teil, der halb als Fortsetzung, halb als Neustart funktioniert, hat Nia DaCosta, würdevoll diese großartige Mischung aus Horror und Sozialkritik wieder aufgenommen. Der Künstler Anthony McCoy ist vor kurzem mit seiner Freundin Brianna, einer Kunsthändlerin, in eine teure Wohnung in Chicago gezogen. Auf der Suche nach Inspiration für eine neue Serie von Kunstwerken befasst sich Anthony mit der Vergangenheit von Cabrini-Green, einem überwiegend von Schwarzen bewohnten Viertel, auf dessen Spuren die Luxussiedlung errichtet wurde. Als er von dem lokalen Mythos des "Candyman" und der gewaltvollen Vergangenheit von Cabrini-Green Kenntnis erlangt, findet er das kreative Material, nach dem er sucht. Er riskiert auch, alte Wunden wieder aufzureißen, die fast 30 Jahre lang versiegelt geblieben waren. "Candyman" ist ein enormes und überzeugendes Werk, dem es gelingt, einen alten Horrorklassiker wiederzubeleben und gleichzeitig einen ganz eigenen Pfad durch das Thema zu beschreiten. Es vermischt den Slasherfilm mit Inhalten wie urbanen Mythen, Rasse und Klasse, Gemeinschaft und einer überraschenden Portion Body Horror. Dabei ehrt Nia DaCosta den Originalfilm, ohne ihre eigenen Intentionen aus den Augen zu verlieren. Der Candyman von 1992 war und ist ein hervorragender Horrorfilm. 

Mit seiner Wiederbelebung im Jahr 2021 wurde die Erzählung der Schwarzen, die dem früheren Film zugrunde lag, von schwarzen Filmemachern aufgegriffen und weiterentwickelt. Eine wirkungsvollere Fortsetzung kann man sich wohl kaum vorstellen. Fans des reinen Horrors kommen hier auf ihre Kosten, denn es wird mit vielen verschiedenen Formen gespielt. Die altmodischen Gräueltaten mit glücklosen Opfern, die von einem unsichtbaren, hakenbewehrten Feind zu Tode geschlachtet werden, sind wieder da und werden hervorragend in Szene gesetzt. Darüber hinaus wirken die übernatürlichen Elemente und die Erzählung des urbanen Mythos stärker und effektiver als je zuvor. Der Originalfilm musste eine tragische Hintergrundgeschichte aus dem 19. Jahrhundert erfinden, um das gleiche Gefühl zu erzeugen. Der neue "Candyman" kann sich für den gleichen Zweck problemlos auf den alten Film verlassen. Geschickt in die Handlung eingeflochten ist sowohl eine zeitgenössische Reflexion der Figur des Candyman im Lichte der Black Lives Matter Bewegung, als auch der generationenübergreifenden Gewalt. Candymans Existenz wird hier in erheblichem Maße neu interpretiert, und diese Veränderung zahlt sich gewaltig aus. Dies ist einer der seltenen und wirkungsvollen Horrorfilme, die über ein einfaches Genrestück hinausgehen. Dies ist ein Horrorfilm, in dem es um etwas geht. Dazu trägt natürlich auch bei, dass das Ganze so stilvoll inszeniert ist. Das Produktionsdesign und die Bildgestaltung sind effektiv und lebendig. Der Einsatz von Gewalt auf dem Bildschirm ist maßvoll und zurückhaltend. Eine Mordsequenz in einer Highschooltoilette ist umso schockierender, weil DaCosta sie auslässt, anstatt sie einzubauen. Hintergrundgeschichte und Folklore werden durch traumähnliche Schattenpuppen dargestellt. Die Darbietungen sind durchweg stark, insbesondere Abdul-Mateens wachsende Ausdrücke des Traumas und Parris' proaktive und detaillierte Leistung in einer Rolle, die eine ziemlich gewöhnliche Nebenrolle hätte sein können. Sie sind repräsentativ für einen rundum beeindruckenden Film. Candyman ist sowohl eine Fortsetzung als auch ein Originalwerk und gehört zu den besseren Veröffentlichungen des Jahres 2021.

7/10

Quellen
Inhaltsangabe: Universal Pictures

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