https://www.imdb.com/title/tt0050212/
Die japanische Armee benötigt dringend eine Brücke über den Kwai-Fluss, da diese von wichtiger strategischer Bedeutung ist. Mit Hilfe der Brücke soll eine Eisenbahnlinie nach Burma vervollständigt werden, um die japanische Besatzung des kleinen Landes logistisch zu unterstützen. Die Japaner rekrutieren zu diesem Zweck eine Gruppe britischer Kriegsgefangener, die in kurzer Zeit eine tragfähige Brücke erbauen sollen. Colonel Nicholson (Alec Guinness) hat aber keine Lust, den Japanern in die Hände zu spielen, zumal auch die Offiziere Hand anlegen sollen. Über diese Frage kommt es zum erbitterten Streit mit den japanischen Lagerkommandanten Saito (Sessue Hayakawa) Aufgrund drohender Strafen machen sich die britischen Kriegsgefangenen schließlich doch ans Werk, aber weniger um den Japanern zu helfen, als um ihre Leistungsfähigkeit zu demonstrieren...
Das mit einem Budget von 2 Mio. US-Dollar ausgestattete Mammutprojekt “The Bridge On The River Kwai” gestaltete sich bereits in der Vorproduktion als äußerst schwieriges und riskantes Unternehmen. Als Regisseur wurde der Brite David Lean auserwählt, der sich bereits mit gelungenen Literaturverfilmungen wie "Great Expectations", "Brief Encounter" und “Oliver Twist” einen Namen gemacht hatte. Als Produzent wurde Sam Spiegel angeheuert, der nach einigen Pleiten in Folge durch seine Zusammenarbeit mit Elia Kazan an “On the Waterfront” (1954) sich nun wieder am aufsteigendem Ast befand. Erste Probleme ergaben sich in der Wahl des Drehbuchautoren und des Hauptdarstellers. Die Studiobosse bei Columbia bestanden auf einen amerikanischen Hauptdarsteller. In die engere Wahl kamen Gary Grant und William Holden, wobei Letzterer das Rennen machte und dessen Lohn auch gleich die Hälfte des Budgets verschlang. Die Adaption des französischen Romanes “Le pont de la reviere Kwai” von Pierre Boulle übernahm Carl Foreman. Mit dessen Version war Lean aber ganz und gar nicht zufrieden, und so wurde Michael Wilson mit einer Überarbeitung beauftragt. Die Endfassung fand dann zwar Leans Zustimmung, jedoch dufte keiner der beiden Autoren im Vorspann genannt werden, da sich beide damals auf der sog. “schwarzen Liste” Hollywoods befanden. Im Vorspann wurde einfach Pierre Boulle als Drehbuchautor aufgeführt, obwohl er mit dem Film absolut nichts zu tun hatte, geschweige denn über ausreichende Englischkenntnisse verfügte, um seinen Roman auf Englisch zu adaptieren. Erst die restaurierte Fassung brachte den beiden wahren Autoren im Vorspann die verdiente Anerkennung.
Die Dreharbeiten auf der Insel Ceylon, irgendwo mitten im Dschungel zwischen Thailand und Rangoon, fanden unter härtesten Bedingungen statt. Tagsüber herrschten Temperaturen von weit über 30° Celsius, doch die Witterungsverhältnisse entsprachen genau den Vorstellungen Leans und verliehen dem Film seinen ungeheuren Realismus. Obgleich die äußerliche Schönheit der Insel zunächst an Hawaii oder an die Karibik erinnert, merkt der Zuschauer schnell, dass Ceylon eher "Absolom" gleicht. Ein japanisches Kriegsgefangenenlager irgendwo im Dschungel Südostasiens. Während in der unsichtbaren Ferne der Zweite Weltkrieg tobt, erreichen Kriegsgefangene "Camp 16". Hier erleben wir die erste Begegnung zwischen Col. Nichsolson und Col. Saito (Sessue Hayakawa), der japanische Oberbefehlshaber des Camps. Saito erweist sich als unmenschlicher “Sklavenhalter”, der die britischen Gefangenen dazu benutzen will, eine Brücke über dem Kwai zu bauen, um eine Eisenbahnlinie in Richtung Indien auf der Brücke anzulegen. Was Col. Nichsolson nicht passt, ist, dass auch ranghöhere Offizieren Handarbeit ausüben sollen, was einen Verstoß gegen die Genfer Konvention darstelle. Es stellt sich heraus, dass Nichsolson streng militärisch veranlagt ist. Seine Truppe wurde von der britischen Regierung gezwungen, sich zu ergeben, ohne ersichtlichen Grund. Er führte den Befehl aus, weil es seine Pflicht als Colonel war. Und auch jetzt macht er keine Anstalten, sich gegen die Japaner zur Wehr zu setzen. Als Kriegsgefangene sind er und seine Truppe verpflichtet zu tun, was die Japaner ihnen befehlen, solange die Vorschriften beachtet werden. Er weigert sich also, seinen Offizieren den Befehl zur Ausführung von Handarbeit zu erteilen. Doch Col. Saito schenkt der Genfer Konvention keine Beachtung und offenbart seine ganz persönliche Sichtweise zum Thema Krieg: “Im Krieg gibt es keine Regeln!”. Bei glühend heißer Sonne bleiben Nicholson und seine Offiziere standhaft. Von Mittag an bis zur Dämmerung bleiben sie in einer Reihe stehen, ehe die Japaner die Offiziere in eine Gefängniszelle und Nichsolson in den “Ofen” stecken.
Auch die Strafe gehört für Nicholson zum Dasein im Militär dazu. Viel wichtiger ist es ihm, an seinen Prinzipien festzuhalten und seine Offiziere vor der Ausführung von Handarbeit zu bewahren. Der Bau der Brücke wird indes von japanischen Bauingenieuren geleitet, doch mit den inkompetenten Bauherren sowie einem Haufen undisziplinierter britischer Soldaten läuft überhaupt nichts zusammen. Währenddessen gelingt Commander Shears (Williams Holden), einem amerikanischen Gefangenen im Camp 16, das Unmögliche: die Flucht von der Insel. Shears, der den geborenen Einzelgänger verkörpert, der sich nur in Not- und Extremsituationen zwangsweise auf Kooperation mit Anderen einlässt, ist heilfroh, von der Insel weggekommen zu sein und will nun so schnell wie möglich zurück in die Staaten. Allerdings fliegt unerwartet seine Tarnung auf, denn er ist gar nicht Comm. Shears. Der britische Major Warden (Jack Hawkins) ist hinter Shears’ Geheimnis gekommen und spannt ihn kurzerhand für eigene Zwecke ein. Warden wurde beauftragt, die Fertigstellung der Brücke am Kwai vor Ort zu unterbinden. Dafür nimmt er neben zwei britischen Offizieren eben noch jenen Shears mit, der Informationen aus erster Hand liefern kann. Von hier an verläuft die Handlung zweigleisig. Zum Einen haben wir die Ereignisse rund um den Brückenbau. Die Japaner sehen ein, dass die Briten nur unter ihren eigenen Offizieren ordentlich arbeiten und dass die Briten die besseren Konstrukteure sind. Die britischen Offiziere (einschl. Nicholson) sind mittlerweile freigelassen und mehrmals muss sich Col. Saito gegenüber Nicholson eingestehen, dass die Briten auf psychologischer Ebene Herr der Lage sind. Der Sturkopf Nicholson, erblindet vor unendlichem Stolz und Selbsteifer, fühlt sich Saito nun endlich überlegen und möchte die überlegene Stellung der Briten festigen durch den Bau einer ganz besonderen und einzigartigen Brücke am Kwai, die die Japaner nicht im Traum in dieser Form fertigstellen könnten. Auch der Vorwurf von Major Clipton (James Donald), dass dies Kooperation mit dem Feind sei, kann ihn nicht davon abhalten.
Zum Anderen haben wir eben das Team um Major Warden und Shears, die die Fertigstellung der Brücke unterbinden sollen. Ihr Vorhaben gipfelt schließlich in einem der berühmtesten und spektakulärsten Showdowns der Filmgeschichte.
David Lean wird heute vor allem durch sein Erfolgstriptychon "The Bridge On The River Kwai", "Lawrence Of Arabia" und "Doctor Zhivago" in Erinnerung bleiben. Besonders seine frühen Arbeiten mit Noel Coward, sowie seine Dickens-Bearbeitungen bilden im direkten Vergleich mit diesem ein Kontrastprogramm, welches in einem solchen Ausmaß wohl bei nur wenigen anderen großen Regisseuren zu finden sein wird. Was typisch "Lean" ist und sich auch in "The Bridge On The River Kwai" auffinden lässt, ist das offenkundige Interesse des Regisseurs für die psychologisch genaue Charakterzeichnung. Lean seziert gern. Ob es sich nun um zwei Liebende handelt, die verzweifelt gegen gesellschaftliche Normen ankämpfen, um sich letzten Endes diesen zu ergeben oder um einen englischen Wüstenkämpfer, dessen Ego alle gesellschaftlichen Konventionen sprengt: er vergrößert oder verkleinert nur den Hintergrund, nicht aber sein Augenmerk auf die Charaktere.
Eine andere Konstante in Leans Werk ist ein viel und gern beackertes Feld: die Briten und ihre Eigenarten und Konflikte. Wirft man einen Blick auf seine Filmografie, so erkennt man: Leans erster Film handelte von einem britischen Kriegsschiff, sein letzter von den Spannungen zwischen Briten und Indern in der Kolonialzeit. "The Bridge On The River Kwai" ist wohl Leans kritischste Auseinandersetzung mit der (Upper-Class-)Britishness und besonders deren Auftreten unter Offizieren, wo sie gerade zu Zeiten der beiden Weltkriege vom einfachen Soldaten eher als Epidemie angesehen wurde. Lean stellt "das Britische" - verkörpert durch Nicholson - zuerst "dem Japanischen" (Saito) gegenüber, um dann den Schritt zum Vergleich mit "dem Amerikanischen" (Shears alias William Holden) zu wagen. Die japanische Fraktion bleibt trotz der eindrucksvollen Leistung von Hayakawa eher stereotyp. Dagegen fällt der Vergleich Shears-Nicholson interessanter aus. Hier stehen sich Opportunismus/Modernität und verbohrte Prinzipientreue/Wahn gegenüber und bilden ein Gemisch, dass jedoch erst einige Filmminuten benötigt, um zu zünden.
David Lean hat mit "The Bridge On The River Kwai" einen Kriegsfilm geschaffen, der fast vollständig auf Feuerwaffen und Pyrotechniken verzichtet. Der Krieg spielt sich auf psychologischer Ebene ab. Der Krieg findet nicht auf dem Schlachtfeld statt, sondern in den Köpfen der Offiziere. Die leichtlebige Szenerie des Stützpunktes auf Ceylon, den Shears nach seiner Flucht erreicht, wirkt da eher deplatziert. Erst wenn Shears' Truppe sich per Fallschirm auf den Weg zur Brücke macht, gewinnt der Film das nötige Gleichgewicht zwischen den beiden parallel verlaufenden Handlungssträngen. Die brütende Dschungelhitze steht wieder auf beiden Seiten. Zwar ist es offenkundig, dass die weiblichen Trägerinnen nur in die Story eingebaut wurden, um überhaupt Frauen zeigen zu können, doch wird dieser Gedanke bald durch die aufkommende Spannung davon geweht. Auch kommt William Holden schauspielerisch gesehen kaum gegen die Präsenz von Alec Guinness oder Jack Hawkins an. Er kann als Amerikaner Shears, der den Sinn des Krieges längst aus den Augen verloren hat, durchaus überzeugen, aber dass er aus kommerziellen Gründen angeheuert wurde, ist kaum zu verbergen.
Eindeutige Sympathiebekundungen vermeidet Lean glücklicherweise. Man hat Verständnis für Nicholsons Traum, der Nachwelt etwas zu hinterlassen (und damit die Erinnerung an sein Dasein zu sichern), gleichzeitig hilft er damit den Japanern und man wünscht auch Shears das Scheitern nicht. Ihre Erziehung, Herkunft und Stellung zwingt die beiden Protagonisten jedoch zur Konfrontation. Dank Leans den großen Bildern durchaus nicht abgeneigter Regie muss gerade Alec Guinness nicht gegen seinen Hintergrund ankämpfen, sondern darf seinen Charakter vor unseren Augen entfalten und bringt die vielleicht beste Leistung seiner Laufbahn auf die Leinwand. "The Bridge On The River Kwai" ist ein cineastisches Meisterwerk. Ein mustergültiges Drehbuch, authentischer Drehort, perfektes Set-Design, grandiose Schauspieler, gelungene Kameraführung, einprägsame Musik - all das kombiniert durch einen der besten Regisseure aller Zeiten. Ein Klassiker der Filmgeschichte, der seine sieben Oscars absolut verdient hat.
8,5/10
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