Donnerstag, 7. März 2019

[KINO] Captain Marvel (2019)

https://www.imdb.com/title/tt4154664/

Als die Kree-Elite-Soldatin Captain Marvel / Carol Danvers (Brie Larson) auf die Erde abstürzt, weiß sie nicht, wo sie ist und wie sie dorthin gekommen ist. Gerade noch hat sie mit der Elite-Einheit Starforce und dem charismatischen Anführer Mar-Vell (Jude Law) für die Sicherheit im All gekämpft, nun ist sie auf einem fremden Planeten, der trotzdem ziemlich vertraut wirkt. Denn sie wird von Visionen und Träumen geplagt, die auf ein früheres Leben auf eben dieser Erde hindeuten. Als sie auf den jungen S.H.I.E.L.D.-Agenten Nick Fury (Samuel L. Jackson) trifft, macht sie sich mit diesem daran, das Geheimnis ihrer Herkunft zu entschlüsseln. Doch das Duo muss auch einer Gefahr ins Auge blicken. Die Erzfeinde der Kree haben die Erde infiltriert. Ein Spionage-Trupp der außerirdischen Rasse der Skrull hat sich unter Führung des skrupellosen Talos (Ben Mendelsohn) dank ihrer Gestaltenwandlerfähigkeiten komplett unbemerkt auf der Erde breit gemacht und bereitet eine Invasion vor...

"Oh fu....". Gerade noch gelang es Nick Fury ein Signal zu senden. Der Sender fällt zu Boden, man sieht wie er wählt, ruft - und nach einem kurzen Blackscreen eine Grafik erscheint. Ein goldener Stern, umrandet von roten und blauen Farbflächen. Das Ende von "Avengers: Infinity War" oder vielmehr die Post-Credit-Szene, ließ einige der immer noch fassungslosen Kinogänger mit einem Fragezeichen im Gesicht zurück und andere, die Fanboys, rieben sich mit diebischer Freude die Hände. Denn dieser Stern, dieses gold-rot-blaue Logo, gehört zu einer der mächtigsten Superheldinnen des MARVEl-Universums: zu "Captain Marvel". Doch MARVEL wäre nicht MARVEL, wenn sie ihr Alter Ego Carol Danvers gleich ins Endspiel werfen würde, nein, diese jüngste Geschichte aus dem MARVEL Cinematic Universe (MCU) führt uns weit zurück in die Vergangenheit, viele Jahre vor der großen Katastrophe, die in "Avengers: Infinity War" Bahn brach.


Zusammen mit der Pilotin Carol Danvers stürzt der Zuschauer in der Mitte der neunziger Jahre in Amerika ab: in eine urkomisch und seltsam vertraute Welt von Blockbuster-Videogeschäften, DFÜ-Internetverbindungen, Websuchen über AltaVista und mühsam langsame CD-ROM-Laufwerke. Das alles ist lustig, weil sich viele noch gut an diese Zeit erinnern können. Und in einer sehr wichtigen Phase des Films gibt es einen Soundtrack-Ausflug mit Nirvana: “Come as you are, as you were / As I want you to be / As a friend, as a friend / As a known enemy ...” Und allein aufgrund dieser Aspekte lässt sich hier schon festmachen, dass "Captain Marvel" mindestens ein unterhaltsamer Film ist. Doch welche Überraschung: auch die Geschichte weiß zu überzeugen. Dabei ist besonders positiv zu bemerken, dass man, wenn man die Teaser und Trailer gesehen hat, die Story nicht wirklich vorhersehen kann, was sie gleichzeitig spannend und interessant macht. Die Art und Weise, wie die Regisseure und Mitautoren Anna Boden und Ryan Fleck Danvers Vergangenheit vorstellen zwar nicht gänzlich neu, aber immerhin originell. Wie sie Danvers mit diversen Puzzelteilen an ihre Vergangenheit erinnern lassen, war klug. Sehr klug, weil sie damit ihre Historie nicht zu einem Hindernis machen, welches man erst einmal bewältigen muss. Boden und Fleck zeigen dem Zuschauer somit eine nachvollziehbare und damit schöne Entwicklung von Danvers Charakter. Auch mehrere Twists und ein besonders großer, den man so kaum erwartet hätte, fügen sich passend in das Gesamtbild ein.


Dieser komische, nicht-lineare Mash-up aus Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerungen und gegenwärtiger Erfahrung, Erde und Nicht-Erde-Action ist - vor allem nach dem furiosen Anfang - eine unkonventionelle Herkunfts-Mythos-Geschichte, die den Zuschauer zunächst im Unklaren lässt, was die Ursprünge sind, bzw. warum Danvers zu dem wurde, was sie nun ist. Es gibt eine exzentrische Fülle von Klangregistern, von dröhnend ernst bis schrullig liebenswert. Der Film zeigt in einem spielerischen ersten Blick eine Reihe wichtiger Dinge, unter anderem, wie der S.H.I.E.L.D.-Agent Nick Fury (Samuel L. Jackson) eine bemerkenswerte Attitüde zu seinem Badass-Image hinzugefügt wurde. Dabei hat auch das Effekt-Team eine grandiose Arbeit geleistet, denn aufgrund der zeitlichen Differenz sehen wir hier einen jungen, noch relativ unerfahrenen Nick Fury, dessen Gesicht digital verjüngt wurde, so dass er sich gut in den Ablauf des MCU einfügt. In diesem Zusammenhang fühlt sich auch das Wiedersehen mit Agent Coulson herzlich und warm an. Heimlicher Star des Films ist aber "Katze" Goose, eigentlich eine Alienart namens Flerk, die ein absoluter Show-Stealer ist und jede, aber auch wirklich jede Szene beherrscht, in der sie vorkommt. Interessant ist übrigens, dass Goose in den Comics "Chewie" hieß und zu Ehren von "Top Gun"-Pilot Mavericks Co-Pilot in "Goose" umbenannt wurde.


Natürlich hängt der Film sehr von der Performance von Brie Larson, die die titelgebende Heldin Carol Danvers / Captain Marvel spielt, ab. Wobei man sagen könnte, dass sie in einer stärkeren, klareren Hauptrolle mehr hätte präsentieren können und ihr mehr lustige Zeilen des Drehbuchs hätten zugewiesen werden können. Sie ist eine harte und disziplinierte Kriegerin, die in die Reihen der Kree rekrutiert wurde, einer außerirdischen Streitmacht, die zuvor in "Guardians Of The Galaxy"zu sehen war. Sie befand sich in einem erbitterten Kampf mit den Skrulls, einer Nation von außerirdischen Formwandlern, angeführt von Talos, gespielt von Ben Mendelsohn, der einen wirklich hervorragenden Job macht, vielschichtig und beeindruckend. Hier wünscht man sich etwas mehr Kampfsport und Kickbox-Action von Brie Larson, weil dies schlicht sehr gute Momente sind.

Als sie sich in einem althergebrachten, kriegsfilmartigen Stil von ihrer Einheit losgelöst fühlt, ganz allein auf unserem Planeten - was einer ihrer Kameraden hart als "Drecksloch" bezeichnet, obwohl es wesentlich besser aussieht als jeder andere Planet - wird sie von Flashbacks geplagt, Fragmenten von einer scheinbar verlorenen Identität der Erde. Es gibt Einblicke in eine unglückliche Kindheit, einen grausamen Vater, eine militärische Ausbildung im "Top Gun"-Stil bei der US-Luftwaffe neben einer treuen Freundin Maria (Lashana Lynch) und einer mysteriösen Mentorin, einer rätselhaften Frau, die von Annette Bening gespielt wird. Dies sind die Puzzleteile, die zusammengefügt werden müssen, damit sie den Hintergrund ihres mächtigen Superheldschicksals verstehen kann.


Boden und Fleck zeigen eine Mischung aus Entschlossenheit und Verletzlichkeit in den anfänglichen Trainingsszenen, die vage an Clarice Starling erinnern, die noch dazu nett zusammengestellt sind. Sie muss ihre Kampfkünste in Einzelgesprächen mit Yon-Rogg (Jude Law) ausüben und mit anderen Soldaten, darunter Minn Erva (Gemma Chan) und Korath (Djimon Hounsou), ein "ésprit de corps" gründen. Larson funktioniert aber viel mehr auf der Erde, als im Universum. Vor allem in Interaktion mit Fury. Beide haben eine großartige Szene zusammen, wenn sie herausfinden müssen, wie sie aus einem geschlossenen USAF-Büro fliehen können. Larson hat die natürliche Körpersprache eines Superhelden: diese Mischung aus Unschuld und Unbesonnenheit, diesen fortwährenden, klaräugigen Idealismus und Empörung, kombiniert mit unreflektierter Kampfbereitschaft, all das, was MCU-Filmen ihre süchtig-machende Qualität verleiht. Bei all den positiven Aspekten gibt es aber auch ein paar wenige Punkte, die Mängel aufweisen. "Captain Marvel" hat tolle Storypoints, diese sind aber leider oft viel zu schnell vorbei. Die Freundschaft zwischen Carol und ihrer Freundin fühlte sich nicht echt an. Auch wirken manche Kämpfe gegen die Skrull nicht ganz so toll choreografiert und sogar ein wenig lustlos, weil sie viel zu schnell abgehandelt werden. Was reichlich seltsam ist, denn andere Szenen sind dafür wesentlich besser, mitreißender, epischer. Das Hauptproblem ist aber, dass es keinen wirklichen Gegner gibt, der Danvers in Gefahr bringen könnte. Sie ist übermächtig, Punkt. Das hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck.


Alles in allem war der Film gut. Unterhaltsam, mit einigen netten Anspielungen. Vor allem das Intro des MCU-Logos war großartig, treibt einem nahezu die Tränen in die Augen und man kann die Idee dahinter nur wertschätzen. Etwas vermisst wird die emotionale Bindung zur Hauptfigur. Danvers soll ja ein wenig arrogant sein, aber man hätte gern mehr Verwundbarkeit in einer Frau gesehen, die das stärkste Geschöpf der Welt ist. Bisweilen wirkt "Captain Marvel" auch wie die kleine Film-Schwester des übermächtigen Endspiels, welches bereits am Horizont lauert. Als alleinstehender Film funktioniert Carol Danvers Origin-Story jedoch besser als man es zu einem Zeitpunkt erwartet hätte, der das Ende des bisher bekannten MCU andeutet. Der neue Avenger ist wie Tony Stark in "Iron Man" am Anfang ihres Films zu selbstsicher und unnahbar, um eine sofortige sympathische Verbindung zum Publikum aufzubauen. Am stärksten wirkt "Captain Marvel" in den ruhigen Momenten, wenn sich Danvers auf ihre Vergangenheit besinnt und zeigt, dass sie trotz ihres Kree-Blutes ein Mensch mit Emotionen und Schwächen ist. Ein Film, der zeigt, dass MARVEL mit Carol noch Großes vorhat oder wie einer der ersten Kritiker sagte:

"Well, Thanos is fucked!"

7,5/10

Von WALT DISNEY Studios Home Entertainment gab es den Film exklusiv bei zavvi im limitierten Steelbook. Die Erstauflage beinhaltet den Film in 4K, mit Lenticularmagnetcover im Halbschuber.


Quellen
Inhaltsangabe: Marvel / Disney

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