Donnerstag, 22. Juni 2017

T2 Trainspotting (2017)

http://www.imdb.com/title/tt2763304/

20 Jahre nachdem er Edinburghs Stadtteil Leith hinter sich gelassen hat und sich einem bürgerlichen Leben zuwendete, kehrt Mark Renton (Ewan McGregor) in seine Heimatstadt zurück, wo sich manches geändert hat und vieles gleich geblieben ist, und wo seine alten Freunde und Bekannten, darunter Spud (Ewen Bremner), Sick Boy (Jonny Lee Miller) und Begbie (Robert Carlyle), schon auf ihn warten. Allesamt sind sie zwar mittlerweile weg vom Heroin, doch führen deswegen noch längst keine Leben in geordneten Bahnen. Und nicht bei allen ist die Freude über den Rückkehrer gleich groß: Mit Spud und Sick Boy knüpft Renton schnell wieder an alte Zeiten an, aber alle drei versuchen tunlichst zu verhindern, Begbie über den Weg zu laufen, der unlängst aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und nicht sonderlich gut auf Renton zu sprechen ist...

Das wohl größte Problem, was "T2 Trainspotting" besitzt, ist wohl, dass man zwingend den Vorgänger gesehen haben muss, um überhaupt etwas von der geschichte zu verstehen. Das wohl größte Glück, was "T2 Trainspotting" besitzt, ist wohl, dass Regisseur Danny Boyle es geschafft hat, 20 Jahre(!) nach "Trainspotting" die originale Besetzung, bis in kleinste Bebenrollen wieder vor die Kamera zu holen und so einen extrem authentischen zweiten Teil abzuliefern. Um es an dieser Stelle aber gleich vorweg zu nehmen, "T2 Trainspotting" hat weder den Spirit seines genialen Vorgängers, noch seinen drastischen Drang zum Unkonventionellen. Mark Rentons Rückehr nach Edinburg folgt nicht den selbstzerstörerischen Pfaden seines jugendlichen Pendants, stattdessen ist es ein wehmütiger Blick auf vertane Chancen, de Zauber des Augenblicks, ein Exkurs über die Reue und versuchte Wiedergutmachung und der Angst darüber was noch kommen mag.


Die mitunter noch vorkommenden drastischen Szenen des Konsums härterer, klassischer Drogen sind nun endgültig im hässlichen Rahmen angekommen. War der erste Teil auch noch irgendwie ein Bildnis dessen, wie junge Menschen fernab vom bürgerlichen Mileu ihren ganz eigenen zynischen, wie letztendlich bitteren Weg in ihrer Verachtung und Kritik an dieser gingen, so geht "T2 Trainspotting" ganz andere, erwachsenere Wege. Die Möglichkeiten der (scheinbar) eskapistischen Suchtausübung sind nun vollkommen zumindest im kleinbürgerlichen Rahmen angelangt.

Rentons Aussagen zu Facebook, Twitter, sozialer Vernetzung geben bittere Auskunft darüber, denn spätestens wenn Mark ein passioniertes Update seines "Choose Life!"-Monologs abliefert, lässt T2 Trainspotting tief in die Seele eines Menschen blicken, der abgestumpft und vor der Wirklichkeit geflohen ist. "Choose Facebook, Twitter, Instagram and hope that someone, somewhere cares", erklärt Mark verzweifelt seinem Gegenüber, um die Welt um ihn herum als das Alien zu identifizieren. "Choose reality TV, slut shaming, revenge porn. Choose a zero-hours contract, a two-hour journey to work. And choose the same for your kids, only worse, and smother the pain with an unknown dose of an unknown drug made in somebody’s kitchen." Am Ende sind es allerdings nicht die Menschen, die Marc so anekeln, sondern er selbst. Hinter der coolen Pose versteckt sich in Wahrheit ein wütendes Geständnis und die frustrierende Erkenntnis, dass sich eben doch nichts verändert hat. So hat seine für ihn prophetische Aussage aus Teil 1, in der Männer und Frauen irgendwann geschlechterlose, zynische Arschlöcher sein werden, sich für ihn zumindest in traurige Bitterkeit bewahrheitet.


Vorallem ist es eben jenes Suchtmittel, welches eben gerade daran interessiert ist, dass die Gesellschaft auf einen aufmerksam wird. Dass von dieser keine Nachsicht mehr zu erwarten ist, so sehr man auch wünscht Anschluss an ihr zu finden, ist schon seit dem ersten Teil keine zentrale Erkenntnis mehr und so geht in "T2 Trainspotting" letztendlich mehr um die Versöhnung im kleinen Freundeskreis und Familie, zumindest derer, die es davon auch verdient haben. Wer einen Nachfolger erwartet hat, in dem es genauso grell und bunt zur Sache geht, der hat sich für die Figuren in "Trainspotting" nie interessiert. Die Prämisse, für den Moment zu leben, wird hier ad absurdum geführt. Die Entschuldigung, falsche Entscheidungen der Vergangenheit für eine verkorkste und unumkehrbare Zukunft heranzuziehen, wird mit diesem Teil nochmals unterstrichen. Und so schließt sich mit dieser Fortsetzung der Kreis um die Freunde aus Edinburgh - auch wenn es ganze zwanzig Jahre gedauert hat.

8/10

Von SONY Pictures Home Entertainment kam der Film auch im limitierten und beidseitig geprägtem Steelbook. Dieses war bereits vor dem Tag der Veröffentlichung ausverkauft:

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